zum Hauptinhalt

Farbenspiele: Sterben für die Nato

Schwarz-Grüne Außenpolitik heißt Kriegspolitik. Die Ökopartei muss weiter für den Frieden eintreten, meint Robert Zion, Grünen-Politiker in Nordrhein-Westfalen.

Es ist das Pressefoto des Jahres 2007, das Bild eines erschöpften US-Soldaten während einer Kampfpause in Afghanistan. Schon bald dürften wir uns hier an ähnliche Bilder von Bundeswehrsoldaten gewöhnen müssen. Denn der Afghanistankrieg steht vor einer neuen Phase. Joschka Fischer hat geäußert, er befürchte einen Maximalschaden für die deutsche Außenpolitik, falls die Bundesregierung bei ihrer Haltung der Ablehnung von Kampfeinsätzen im Süden bleibt. In Afghanistan gehe es jetzt um die Zukunft der Nato.

So könnten Deutsche demnächst für die Nato sterben, so wie sie früher fürs „Vaterland“ gestorben sind, aus vermeintlich höheren Interessen, dem sich der Einzelne aus Staatsräson unterzuordnen hat. Die Kaltschnäuzigkeit des Ex-Außenministers ist erschreckend. Denn es geht nicht um eine Staatsräson, die mit dieser neokonservativen Haltung eingefordert wird, sondern die von um den puren Erhalt der Nato besorgten Eliten. Unterdessen lehnen 86 Prozent der Bundesbürger Kampfeinsätze der Bundeswehr in Afghanistan grundsätzlich ab.

Die Diskussion um die Ausweitung des Bundeswehreinsatzes wird derweil einhellig als „Testballon“ für zukünftige Szenarien betrachtet. Mit der Entsendung der von den Grünen abgelehnten Aufklärungs-Tornados, deren Einsätze zu 32 Prozent im Süden stattfinden, scheint der Damm gebrochen. Auch die „QRF“ könnte im Rahmen der Nothilfe im Süden eingesetzt werden. Verteidigungsminister Jung (CDU) hat das nicht ausgeschlossen. Im Süden aber herrscht Krieg, die dortige Bevölkerung ist feindselig gegenüber den westlichen Truppen eingestellt.

In der Nato gibt es derweil eine Zweckkrise. Eine schlüssige Gesamtstrategie des Bündnisses und der Bundesregierung ist nicht zu erkennen. In diesem Licht erscheint die nach der Hamburgwahl in der Diskussion stehende Koalition zwischen CDU und Grünen im Bund geradezu grotesk. Wie eigentlich soll eine schwarz- grüne Außenpolitik aussehen, wenn etwa der Regierungsberater Markus Kaim von der Kanzlerin bereits jetzt eine „andere Erklärungsstrategie“ gegenüber der Bevölkerung fordert? Die Regierung solle nicht weiter so tun, als ob es um eine „Wiederaufbaumission“ gehe, so der Nato-Experte.

Natürlich kann die grüne Forderung jetzt nicht einfach „Raus aus der Nato“ lauten. Vielmehr sollten wir gegenüber den Konservativen alles daransetzen, dass diese innerhalb der Nato auf einen umfassenden Strategiewechsel drängen, statt jetzt im Rausch sich vermeintlich neu eröffnender Koalitionsmöglichkeiten die tiefen friedens-, militär- und bündnispolitischen Differenzen zur Union einfach zu verdrängen. Von der Einforderung eines umfassenden Marshallplans für Afghanistan über die Einstellung des Bombenkrieges bis zur Unterstellung der westlichen Truppen unter die UN – es darf es keine Denkverbote mehr geben.

Denn in Afghanistan ist die Nato nicht mehr die Lösung, sondern längst Teil des Problems – eine Kriegsmaschinerie, die sich der Diskussion um ihren Zweck nach dem Ende des Kalten Krieges nicht stellt. Auch die Konservativen in der Bundesrepublik sind mittlerweile Teil des Problems. Mit ihrer viel zu defensiven Haltung gegenüber der Nato drohen sie Deutschland in das militärische und politische Desaster der US-Neokonservativen mit hineinzuziehen.

Wenn nun zugegeben wird, man habe es versäumt, der Bevölkerung den Einsatz in Afghanistan angemessen zu vermitteln, dann liegt das nicht an einer vermeintlich falschen Informationsstrategie. Für diese Kriegsstrategie gibt es schlicht keine Argumente. Für eine offensichtlich von der CDU angestrebte Stellung Deutschlands als militärische Mittelmacht innerhalb der Nato oder gar für die Nato als reinen Selbstzweck aber darf niemals ein Deutscher sterben.

Die Grünen täten gegenüber ihrer verunsicherten Wählerschaft gut daran, diesen Kernpunkt ihrer Identität zu betonen und schon allein aufgrund ihrer außenpolitischen Beschlusslage und ihrer friedenspolitischen Verantwortung jegliche Spekulationen über Schwarz-Grün oder Jamaika für 2009 im Bund einzustellen.

Der Autor ist Grünen-Politiker in Nordrhein-Westfalen.

Robert Zion

Zur Startseite