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Finanzkrise: Kummer auf der Grünen Insel

Irland ist nicht Griechenland, doch die Finanzkrise könnte das Land in den Abgrund ziehen. Inzwischen mag kaum jemand mehr seine Hand dafür ins Feuer legen, dass Dublin nicht vom Euro-Rettungsschirm Gebrauch macht.

Irlands Premier Brian Cowen ist Kummer gewohnt. Vor eineinhalb Jahren, auf dem Höhepunkt der Finanzkrise, hängte ein Spaßvogel in den beiden wichtigsten Museen Irlands zwei ziemlich unvorteilhafte Porträts des Ministerpräsidenten auf. Auf den Karikaturen war Cowen nackt zu sehen – einmal mit einer Unterhose in der Hand, das andere Mal mit einer Rolle Klopapier. Aus dem Witz auf Kosten des Regierungschefs könnte in den nächsten Wochen Ernst werden. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass Cowen im politischen Sinne demnächst nackt dasteht – ohne Mehrheit im Parlament in Dublin und ohne Chance, den wachsenden irischen Schuldenberg abzutragen.

Es ist nicht zuletzt dieses Schreckensszenario, das die Finanzmärkte vergangene Woche nervös machte und die Zinsen für irische Staatsanleihen auf Rekordhöhe trieb. Seither halten sich hartnäckig die Gerüchte, dass Irland früher oder später den Euro-Rettungsschirm in Anspruch nehmen muss.

Wie jedes Mal, wenn die Märkte verrückt spielen, war auch im jüngsten Fall natürlich jede Menge Psychologie im Spiel. Das Misstrauen gegen die Grüne Insel, das sich in der zeitweiligen Rekordhöhe der Anleihezinsen ausdrückte, scheint ungerechtfertigt, wenn man einen Blick auf die grundsätzliche Verfassung des Euro-Mitglieds wirft: Die Wirtschaft ist für die Globalisierung gut gerüstet, die Verwaltung funktioniert, die Bürger lassen es auch an Steuerehrlichkeit nicht fehlen. Ganz anders liegen die Dinge bei den Hellenen, denen die Euro-Partner seit dem Frühjahr mit Milliardenkrediten unter die Arme greifen. Nur Schritt für Schritt gelingt es den Griechen, ungeschönte Statistiken zu erstellen. Das Eingeständnis, dass die Neuverschuldung Athens im vergangenen Jahr zwei Prozentpunkte höher lag als bislang angenommen, kommt zwar nicht ganz überraschend. Aber es zeigt, dass Regierungschef Giorgos Papandreou bei der Senkung des griechischen Defizits weiter vor einer gewaltigen Aufgabe steht.

Dabei passt es Papandreou ins Konzept, wenn er Kanzlerin Merkel für den Anstieg der Anleihezinsen verantwortlich machen kann. Das mag zwar den politischen Druck lindern, unter dem der griechische Premier steht. Die Wahrheit ist aber eine andere: Wenn die Märkte die Anleihezinsen hochtreiben, reagieren sie damit in erster Linie auf die hausgemachten Probleme der überschuldeten Staaten.

Und inzwischen mag auch kaum jemand mehr seine Hand dafür ins Feuer legen, dass Dublin nicht vom Euro-Rettungsschirm Gebrauch macht. Das hat mit den Sorgen Cowens zu tun, die zwar wenig mit der griechischen Misere gemein haben, aber trotzdem Sprengkraft besitzen. Auch wenn Cowen versichert, dass Irland in jedem Fall bis zum kommenden Sommer liquide sei, so schlummern doch möglicherweise noch weitere Risiken in der Rettung der irischen Banken: Es ist unklar, wie teuer die durch die Finanzkrise in Schieflage geratenen Geldhäuser den irischen Staat am Ende zu stehen kommen. Der Kummer des Iren Cowen – er ist jetzt auch Europas Kummer.

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