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Berlins Finanzsenator Ulrich Nußbaum.

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Finanzsenator und die SPD: Nußbaum geht angezählt in die Wahlkampfrunde 2011

Finanzsenator Nußbaum hat noch nicht verstanden, wie die Uhren in Berlin ticken. Er hat die Nase etwas zu hoch getragen und den Berliner Sozialdemokraten signalisiert: Ich weiß es besser als ihr. Ohne es besser zu machen.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Den Versuch war es wert. Seit dem Berliner Bankenskandal vor zehn Jahren sitzt das Land auf einem großen Haufen Immobilienschrott, der in staatlich garantierten Fonds verwaltet wird und für den die Steuerzahler schon Milliarden Euro gezahlt haben. Wie schön wäre es gewesen, diese Last loszuwerden. Egal wer kauft – Briten, Araber oder Chinesen. Aber es konnte, so wie es Finanzsenator Ulrich Nußbaum eingefädelt hat, nicht funktionieren.

Denn er führte die Verhandlungen zum gescheiterten Verkauf der Berliner Immobilien Holding aus der Perspektive eines politisch interessierten Unternehmers. Nußbaum wollte mit ausländischen Investmentprofis in behaglicher Vertraulichkeit ein Geschäft einfädeln, wie es in der Privatwirtschaft durchaus üblich ist. Und sogar legitim. Dabei geriet ihm außer Sicht, dass er für die öffentliche Hand Verantwortung trägt. Im Land Berlin ist es aber aus guten Gründen nicht mehr möglich, mit privaten Investoren Geheimverhandlungen zu führen und Verträge abzuschließen, die nur wenigen Auserwählten zugänglich sind.

Früher war das anders. Die Gründung der Bankgesellschaft und deren krumme Immobiliengeschäfte wurden erst öffentlich beleuchtet, als der Blitz in den landeseigenen Konzern einschlug. Auch die Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe und die daraus resultierenden Folgen für die Verbraucher blieben über Jahre ein Geheimnis. Jetzt liegen die verflixten Wasserverträge offen, ein großer Fortschritt, denn der Umgang mit den Unternehmen der öffentlichen Daseinsvorsorge muss so transparent wie möglich gestaltet werden. Für staatliches Grundvermögen sollte nichts anderes gelten.

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und sein Schützling Nußbaum, den er vor zwei Jahren aus Bremen holte, haben das jetzt auch verstanden und die Notbremse gezogen, bevor großer politischer Schaden entstand. Das Land Berlin bleibt zwar auf absehbare Zeit auf den Risikofonds sitzen, lässt sich aber nicht auf dubiose Geheimhaltungsklauseln eines Staatsfonds im Mittleren Osten ein, dem die Regeln einer parlamentarischen Demokratie herzlich schnuppe sind. Auch der Staat darf gute Geschäfte machen, aber nicht um jeden Preis. Transparenz und öffentlicher Diskurs sind unverkäufliche Güter. Auch deshalb war die Entscheidung des Senats, den Verkauf der Berliner Immobilien Holding in letzter Minute zu stoppen, richtig.

Wowereit wird noch an anderer Stelle den Schaden begrenzen müssen, denn sein Finanzsenator geht angezählt in die Wahlkampfrunde 2011. Der misslungene Verkauf der Immobilienfonds hat ihm einen öffentlich sichtbaren Schlag versetzt, dem allerdings viele versteckte Hiebe vorausgingen. Wären sie nur von der Opposition gekommen, die weiter pflichtgemäß auf Nußbaum eindrischt, könnte er damit leben. Doch die eigenen Leute haben zunehmend Probleme mit dem parteilosen Unternehmer, obwohl er bei den Wählern so beliebt ist und jede Veranstaltung schmückt.

Aber Nußbaum hat noch nicht verstanden, wie die Uhren in Berlin ticken. Er hat die beiden ersten Lehrjahre in der hauptstädtischen Landespolitik zu wenig genutzt, sich als ein Regierungspolitiker zu positionieren, der schwierige Finanzprobleme löst und seine Unabhängigkeit von Parteibüchern nutzt, um gute Ideen für die Stadt zu entwickeln. Stattdessen hat der smarte Bremer die Nase ein wenig zu hoch getragen und den Berliner Sozialdemokraten signalisiert: Ich weiß es besser als ihr. Ohne es besser zu machen. So wird Nußbaum angreifbar und seine politische Zukunft nach der Abgeordnetenhauswahl ungewiss.

Schade. Es ist ja nicht so, dass die SPD und Wowereit für Berlin der Weisheit letzter Schluss sind. Die Personaldecke dieser ewigen Regierungspartei ist so dünn, dass sie täglich nach guten Leuten in und außerhalb der Stadt suchen sollte. Das wissen die Genossen – und darum werden sie Nußbaum bis zur Wahl betont freundlich behandeln, so lange jemand zuschaut, schon um dessen Schirmherrn Wowereit nicht zu beschädigen. Manchmal ist Politik pure Heuchelei.

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