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Meinung: Flammen der Wachsamkeit Von Gerd Nowakowski

Das hat Symbolik. Am Brandenburger Tor, durch das einst Nazis mit ihren Fackeln marschierten, von wo aus die Mordbrenner auszogen, der Welt unendliches Leid zuzufügen, werden am Vorabend des 60.

Das hat Symbolik. Am Brandenburger Tor, durch das einst Nazis mit ihren Fackeln marschierten, von wo aus die Mordbrenner auszogen, der Welt unendliches Leid zuzufügen, werden am Vorabend des 60. Jahrestag des Kriegsendes Kerzen leuchten. Zehntausende Berliner, so erwarten die Veranstalter, werden gegen Krieg und Rechtsradikalismus auf die Straße gehen und ein Flammenband durch die Stadt ziehen. Welch ein Symbol: Das helle Licht der Freiheit vertreibt die dunklen Schatten der NSVergangenheit.

Das hat zu viel Symbolik? Schließlich finden in der Bundeshauptstadt zum 8. Mai bereits eine Vielzahl von Veranstaltungen statt, gibt es das zentrale Gedenken von Bundesrat und Bundestag, spricht der Bundespräsident. Damit könnte es doch genug sein. Was brauchen wir da noch eine Lichterkette, jenes flackernde Licht der ehrenwerten Absicht: anrührend-hilfloses Zeichen der Gutmenschen. Gedenken light, als ging es um Schmuse-Balladen auf dem Rockkonzert? Das hatten wir doch Anfang der 90er schon einmal; waren wir nicht mal weiter?

Zum 8. Mai aber kann nicht genug Symbolik sein. An diesen Tagen schaut die Weltöffentlichkeit auf Berlin, die alte-neue Hauptstadt. Das ist der Tag für Symbole: die fahnenschwingenden Nazis gegen den hellen Schein der Demokratie, die Vergangenheitsleugner gegen jene, die aus den Verbrechen gegen die Menschlichkeit gelernt haben – nie wieder Krieg und Rassismus.

Deutschland ist gefestigt genug, um das Krakelen der Gestrigen auszuhalten und muss sich nichts beweisen, muss sich nicht in einen absurden Wettbewerb ziehen lassen, wer mehr Menschen auf die Straße bringt. Rechtsradikalismus ist eine bedrückende Realität in Deutschland, das belegen die aktuellen Zahlen des Bundesinnenministeriums. Das kann man nicht totschweigen, das soll die Welt am 8. Mai durchaus sehen. Aber auch wenn eine gelassene Demokratie nicht immer auf die Straße gehen muss, wann immer Rechtsradikale einen Aufmarsch ankündigen – in diesen Tagen gibt es dazu keine Alternative. Mit dem Lichterband von Ost nach West werden die Menschen zeigen, dass die Bilder von marschierenden NPD-Anhängern an diesem Tag nur ein Spuk sind. Weniger real als die kleinen Flammen der Wachsamkeit.

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