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Bedröppelte Gesichter: Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck.

© dapd

Flughafen BER öffnet nicht wie geplant: Stadt mit Bodenhaftung

Der Flughafen BER wird nicht wie geplant eröffnen und ganz unschuldig ist Berlins Regierender nicht daran. Berlin als Zielscheibe des Spotts, wieder einmal. Vielleicht sollten wir uns ein Beispiel an der Ukraine nehmen.

Einen Flughafen zu bauen, ist ganz bestimmt eine schwierige Sache und hochkomplex. Sprinkleranlagen, Rauchmelder, Brandschutz, das ist alles nicht ohne, und sogar das Aufstellen der Wetterfahnen, die Wahrung der Vorschriften des Vogelschutzes oder die Ausschilderung der Parkplätze ist nicht so einfach, wie der Laie es annimmt.

Aber es ist, man muss es als Berliner leider zugeben, schon sehr oft gemacht worden. Viele Städte besitzen Flughäfen, auch und gerade Großstädte. Unmöglich ist der Bau eines Flughafens also keineswegs, vor allem, wenn man sich 16 Jahre Zeit dafür nimmt. Auch die Eröffnung findet in der Regel pünktlich statt.

Wenn nun Berlin als erster europäischer Metropole seit Menschengedenken die termingerechte Eröffnung eines Flughafens einfach nicht gelingen will, dann muss Berlin sich damit abfinden, dass, statt der Flugzeuge, ein gewaltiger Schwarm des Spottes sich himmelwärts bewegt. Berlin ist jetzt die lustigste Stadt der Welt. Lustiger als, zum Beispiel, Düsseldorf! Wenigstens darauf können wir ein bisschen stolz sein. Auch die Berliner Tourismuskritiker gehören zu den Gewinnern des Flughafendebakels. Für ausländische Partybesucher wird es in diesem Sommer voraussichtlich ein bisschen schwieriger sein, Berlin zu erreichen.

Sehen Sie hier einige Impressionen des Berliner Scheiterns:

Sicher, es gibt Gründe für das Flughafendebakel, Entschuldigungen, nach denen wir hier nicht suchen müssen, weil sie uns in den nächsten Tagen sicher sehr oft von den Verantwortlichen erzählt werden. Gründe gibt es ja bei fast allem, was auf der Welt passiert. Das Dumme ist halt, dass zum Beispiel die Stadt Athen pünktlich ihre Olympischen Spiele eröffnet hat, das Land Südafrika bestens mit der ebenfalls hochkomplizierten Fußball-WM zurechtkam und dass demnächst, wahrscheinlich sogar pünktlich, in der Ukraine eine Fußball-Europameisterschaft stattfindet.

Bildergalerie: So entsteht der neue Flughafen

Das ist auch schwierig. Man kann sich einfach nicht wehren gegen den Gedanken, dass die Flughafenerbauer besser ein paar Experten für Sprinkleranlagen aus der Ukraine hätten engagieren sollen. Und was, um Himmels willen, wäre passiert, wenn Berlin die Olympischen Spiele ausgerichtet hätte? Schwimmwettkämpfe im Plötzensee? Sommerspiele im November?

Wir dürfen auf die griechische Luftwaffe hoffen

Für alle, die in den nächsten Monaten fliegen müssen oder in den Urlaub wollen, ist das sehr unschön. Was fliegt, was fliegt nicht? Man weiß, genau genommen, erst mal gar nichts. Andererseits, selbst bei einer pünktlichen Eröffnung des Flughafens – wäre man überhaupt mit der S-Bahn dort hingekommen? Erfahrungsgemäß wohl kaum. Für alle Fälle steht Fernreisenden immerhin die famose Deutsche Bahn bereit, vorausgesetzt, der Sommer wird nicht zu heiß und die Klimaanlagen halten durch.

Das Auto ist eine zweite Option, vorausgesetzt, man übersteht die Dauerbaustelle auf der Avus. Aber wenn es auf der Welt eine Millionenstadt gibt, die es erträgt, von der Außenwelt abgeriegelt zu sein, dann doch wohl Berlin, die Heldenstadt der Berlin-Blockade. Die aktuelle Berlin-Blockade haben wir uns sogar alleine gebastelt, ohne Russen, nur Brandenburg hat geholfen. Falls im Juli gar nichts mehr fliegt, dürfen wir darauf hoffen, dass die griechische Luftwaffe uns ein paar Kisten Ouzo abwirft. Das sind sie uns schuldig.

Bildergalerie: So soll der neue Flughafen aussehen

Falls man dem Debakel unbedingt eine ernsthafte politische Einschätzung abringen möchte, käme diese infrage: Berlin hat ein Infrastrukturproblem. Die S-Bahn funktioniert mangelhaft, der Straßenverkehr funktioniert immer schlechter, der neue Flughafen erst mal gar nicht, und sogar eine Kleinigkeit wie die Sanierung des Strandbads Wannsee zieht sich über Jahrzehnte.

Verantwortlich dafür ist – falls das harte, strenge Wort „Verantwortung“ in unserer Partystadt noch erlaubt sein sollte – der Chef vom Ganzen. Klaus Wowereit hat sich in der letzten Zeit in Talkshows gerne ein bisschen herablassend über die Dilettanten von der Piratenpartei geäußert. Aber einen Flughafen, wo nur die Laptops funktionieren, so etwas hätte sicher auch ein Bürgermeister von der Piratenpartei hinbekommen.

Alle, die glauben, jetzt herrsche Chaos, sollen sich beruhigen. Nach der Eröffnung, im Spätherbst, wird alles garantiert noch schlimmer.

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