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Manchmal haben alleinerziehende Frauen (rechts) auch Männerbesuch (links).

© dpa

Förderung von Alleinerziehenden: Sparschwein der Nation

Für Renten gibt Finanzminister Wolfgang Schäuble Milliarden aus, doch Alleinerziehende sollen leer ausgehen. Dabei stagniert der steuerliche Entlastungsbeitrag für diese Gruppe seit mittlerweile zehn Jahren. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Hans Monath

Wie schaffen die das eigentlich? Aufstehen, das Kind für die Schule fertig machen, dann selbst zur Arbeit fahren, mit schlechtem Gewissen früh das Büro verlassen, um trotzdem zu spät zu Hause anzukommen – all das macht schon Familien mit zwei Elternteilen zu schaffen. Wie aber kriegen das die 1,6 Millionen Alleinerziehenden in Deutschland auf die Reihe, von denen die allermeisten Frauen sind? Wie können sie eine tolle Mutter sein, obwohl es oft niemanden gibt, der ihnen im Notfall beistehen kann?

Die Antwort heißt, dass es den meisten Müttern mit großem Kraftaufwand gelingt, ihr Leben zu meistern, und sie sich nicht als Familie von minderem Rang wahrnehmen. Einen „ausgeprägten Bewältigungsoptimismus“ bescheinigte ihnen eine Untersuchung. Doch eine Not plagt viele Alleinerziehende: Ihre Familien haben zu wenig Geld.

Jetzt hat die große Koalition die Chance zu helfen, doch der Finanzminister blockiert. Den Kinderfreibetrag und das Kindergeld will Wolfgang Schäuble anheben, aber anders als die SPD will er Alleinerziehende nicht stärker entlasten. Dabei stagniert der steuerliche Entlastungsbeitrag für diese Gruppe seit mittlerweile zehn Jahren.

Man kann ohnehin fragen, wie verhältnismäßig es ist, wenn die große Koalition Milliarden für Mütterrente und Rente mit 63 ausgibt, aber bei der Hilfe für Kinder knausert: Vier Euro Kindergeld mehr soll es in diesem und im nächsten Jahr noch einmal zwei Euro mehr geben. Zu Recht warnt Ministerin Manuela Schwesig, die Familie dürfe nicht das Sparschwein der Nation sein. Dabei lautete eine der Empfehlungen aus der jahrelangen Evaluation der Familienleistungen, Alleinerziehenden müsse geholfen werden. Mit relativ geringem finanziellem Aufwand lasse sich dort eine große Wirkung erzielen.

Alleinerziehende bedürfen einer besonderen Förderung durch den Staat

Die Alleinerziehenden mögen eine kleine Gruppe in der Gesellschaft sein – alleine sind sie nicht in dem politischen Kampf, der nun um sie ausgetragen wird. In der Bevölkerung werde der Unterstützungsbedarf von Alleinerziehenden „sensibel wahrgenommen“, heißt es in einer aktuellen Prognos-Studie zum Thema. Es bestehe ein breiter Konsens, dass Alleinerziehende einer besonderen Förderung durch den Staat bedürfen.

Sollte Schäuble diese Erwartung der meisten Bürger noch nicht gekannt haben, müsste ihm spätestens der Protest wichtiger gesellschaftlicher Gruppen die Augen geöffnet haben. Es ist ein selten breites Bündnis, das gegen die Ungerechtigkeit aufsteht, die er festschreiben will, denn es reicht von Dutzenden von Familien- und Sozialverbänden über den DGB bis zu beiden großen Kirchen.

Wer genauer hinschaut, merkt schnell, dass Schäuble nicht einmal mehr das eigene politische Lager hinter sich hat. Längst kommt die Forderung nach mehr Hilfen für Alleinerziehende auch aus der Union. Die feine Unterscheidung des Koalitionsvertrags zwischen prioritären und anderen Vorhaben, mit der der Minister seine Blockade begründet, wirkt bei diesem Thema nicht wie ein gutes Argument, sondern wie eine sehr, sehr große Ausflucht. Da eine Mehrheit Solidarität für die Alleinerziehenden verlangt, gibt es nur eine Lösung: Die Blockade muss weg.

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