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Meinung: FPÖ: Fast totalitäre Neigungen

Welches Verhältnis Österreichs Freiheitliche zum Rechtsstaat haben, das zeigt sich in diesen Wochen auf bedrückende Weise. Einem kleinen Ganoven mag man es ja durchgehen lassen, wenn er im Jähzorn seinen Richter beschimpft: "Der Mann hat sie ja nicht alle.

Welches Verhältnis Österreichs Freiheitliche zum Rechtsstaat haben, das zeigt sich in diesen Wochen auf bedrückende Weise. Einem kleinen Ganoven mag man es ja durchgehen lassen, wenn er im Jähzorn seinen Richter beschimpft: "Der Mann hat sie ja nicht alle." In Österreich aber sagte so etwas ein führender Mann einer Regierungspartei - noch dazu einer, der für kühl kalkulierten Einsatz der Worte bekannt ist.

Peter Westenthaler war es, der Fraktionsvorsitzende der FPÖ im Parlament. Zusammen mit anderen Spitzenvertretern seiner Partei verlangte er ferner, den "mit fürchterlichen Fehlern behafteten" Untersuchungsrichter sowie die gegen die FPÖ ermittelnden Staatsanwälte abzulösen. Der Justizminister möge eingreifen - und ein für seine Partei peinliches Verfahren niederschlagen, fordern die FPÖ-Spitzen. So geht man üblicherweise in totalitären Staaten mit Recht und Justiz um.

In dem Verfahren geht es um politisch motivierte, illegale Datenabfragen in den Polizeicomputern. Führende FPÖ-Vertreter bis hinauf zu Jörg Haider sollen kleine Polizisten angestiftet haben, Parteikritiker oder politische Gegner auszuforschen. "Der Chef braucht das" habe man den Beamten gesagt, heißt es. Ganz selbstverständlich geben einige FPÖ-Politiker zu, Umgang mit dem dubios beschafftem Material gehabt zu haben. So sagt der Salzburger FPÖ-Landesvorsitzende Karl Schnell, ohne Spitzelei könne es keine Demokratie geben, "weil bestimmte Dinge sonst nie ans Licht kämen". Oder der schwer beschuldigte Wiener Parteichef Hilmar Kabas: "Ich habe nie jemanden beauftragt, vertrauliche Informationen zu besorgen. Die kommen bis heute unaufgefordert und sonder Zahl zu mir."

Kabas und Schnell geben also unverblümt zu, dass sich die FPÖ auf ein Zuträgersystem stützt und das auch noch fördert. Fraktionschef Westenthaler möchte einen genehmen Richter haben und rüttelt an der Unabhängigkeit der Justiz, einer Grundfeste des Rechtsstaats. Und was passiert? Nichts. In anderen Staaten wäre mindestens eine Regierungskrise ausgebrochen. Aber in Österreich? Die ÖVP, die Partei von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, lässt den Koalitionspartner gewähren. Kein Wort zum Schutz der Justiz, der politischen Kultur oder auch nur des gewöhnlichen Anstands. Schüssel sagt nur, für Verdächtigte müsse bis zur gerichtlichen Verurteilung die "Unschuldsvermutung" gelten. Er hat Recht. Aber wer sich öffentlich so äußert wie Westenthaler, der hat zumindest seine politische Unschuld verloren.

Und dann der Justizminister. Mit ihm ist die FPÖ in eine Sackgasse der Macht geraten. Die Partei erwartet ja von Haiders früherem Vertrauensanwalt, dass er den ermittelnden Staatsanwälten Fesseln anlegt. Doch Minister Dieter Böhmdorfer kann genau das nicht, weil ihm alle anderen - von einer erwachenden Justiz bis hin zur EU, deren "drei Weise" Böhmdorfer gerade hart kritisiert haben - auf die Finger schauen.

Die "drei Weisen" der EU hatten Recht, als sie fortgesetzte Wachsamkeit gegenüber der FPÖ anrieten. Die Haider-Partei pflegt keinen normalen Umgang mit Rechtsstaat und Demokratie. Deshalb wäre es ein Fehler, einfach zur Tagesordnung überzugehen.

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