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Meinung: Fragen an den Staatsanwalt

Jetzt schweigt die Justiz zum Fall Friedman – dabei gäbe es einiges zu erklären

So ein brüllendes Schweigen wie im Fall Friedman war in vergleichbaren Angelegenheiten selten zu hören. Erst stürmte unter der Führung der Berliner Staatsanwaltschaft und mit entsprechendem Getöse ein Ermittlerkommando die Räume des Multifunktionsträgers in Frankfurt; zurück blieben unsortierte Fetzen eines groß geschriebenen Kriminalstücks, in dem Prostituierte vorkommen und Prominente, Menschenhändler, Moralisten und Spuren von Kokain. Die Justiz gab, was Michel Friedman betrifft, bereitwillig Auskunft. Dann aber kamen tiefer gehende Fragen auf und auch manche Zweifel. Doch plötzlich schwieg die Justiz so bestimmt, wie sie vorher auftrat: Eine Informationssperre wurde verhängt.

Ein Fall, zwei besondere Maßnahmen. Aber verhältnismäßig scheint weder der lautstarke Anfang, noch der stumme Fortgang des offiziellen Teils der Affäre zu sein. Schädlich ist jedenfalls beides, nicht nur für Friedman. Auch die Staatsanwaltschaft ist vom eigenen Handeln und Schweigen betroffen.

Die Geschichte selbst entwickelt sich quasi im Untergrund auf seltsamen Wegen weiter, wohl auch, weil die angefixte Öffentlichkeit nicht mehr mit harten Informationen versorgt wird. Die Stimmung scheint zu kippen – zugunsten Friedmans. Die einen halten die ermittelnden Staatsanwälte für „durchgeknallt“ (Michael Naumann), andere verweisen sogar auf vorherige Ermittlungen derselben Ankläger gegen prominente Juden, um ein Komplott „braun gefärbter Juristen“ (Artur Brauner) nahe zu legen. Friedmans Anwalt spricht von einer „Hinrichtung“.

Zugleich weitet die Affäre sich aus: Namen weiterer Prominenter, die mit dem Fall Friedman über drei Ecken zu tun haben sollen, machen die Runde; angeblich führen Spuren sogar in den Bundestag. Was dabei außer Acht gerät: Was ist hier strafrechtlich relevant, und was – wenn überhaupt – nur für die Öffentlichkeit interessant?

Fragen, die ohne Antwort bleiben. Haben die Ermittler mehr in der Hand als drei Plastiktütchen, denen Kokainspuren anhaften, sowie Aussagen aus dem Umfeld organisierter Krimineller? Strafrechtlich kaum von Bedeutung ist das Ergebnis der Haarprobe. Kokainbesitz, gar Handel lässt sich so nicht beweisen. Wozu also wurden die Haare überhaupt untersucht? War alles viel Lärm um wenig? Und wenn ja: warum? Je länger das Schweigen dauert, desto wilder wuchern die Spekulationen – auch über das Motiv der Ermittler. Da geht es ins Psychologische. Es ist schon verflixt: Die Staatsanwaltschaft bräuchte, um aus der Bredouille zu kommen, jetzt einen großen Ermittlungserfolg. Wie soll sie da zugleich unbefangen auch nach Entlastendem suchen, wie es zu ihrer Aufgabe gehört?

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