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Frauenbünde: In NRW regiert ein weibliches rot-grünes Spitzenteam.

© dapd

Frauen in der Politik: Ein neuer Typ Politikerin

Unbemerkt von den Männern ist ein neuer Typ Politikerin herangewachsen. Frauen wie Hannelore Kraft (Bild, li.), Malu Dreyer oder Christine Lieberknecht setzen auf Inhalte statt Lärm. Und erreichen damit die Wähler, denen parteipolitische Grenzen ohnehin längst egal sind.

Wenn Frauen in hohe Positionen gelangten, war das in der Vergangenheit oft ein sicheres Indiz dafür, dass das Ansehen dieser Position ziemlich niedrig sein musste. Und nur, wenn Männer in politischen Spitzenämtern abgewirtschaftet und Chaos hinterlassen hatten, waren Frauen gefragt. Dann durften sie kommen, um aufzuräumen. So kam Heide Simonis vor Jahren in Schleswig-Holstein an ihre Chance und Angela Merkel an die Macht. Auf den verschiedenen Ebenen der Politik waren viele, zu viele die Frau nach dem im Grunde gescheiterten Mann.

Die gute Nachricht ist: Das Modell Trümmerfrau hat ausgedient. Unbemerkt von den Männern, aber auch ohne von einer, von der Bundeskanzlerin zu profitieren, ist ein neuer Typus Politikerin herangewachsen: Annegret Kramp- Karrenbauer im Saarland, Malu Dreyer in Mainz, Hannelore Kraft in Nordrhein- Westfalen. Auch Christine Lieberknecht in Thüringen gehört dazu und Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt. Wenngleich die sich erst noch finden und durchsetzen muss.

Die neuen Frauen haben jahrelang im Hintergrund ihre Kontakte geknüpft und sich nur dann öffentlich in Szene gesetzt, wenn sie etwas zur Debatte beizutragen hatten – inhaltlich. Unabhängig von der Parteizugehörigkeit haben sie sich mit sozialen Themen einen Namen gemacht, mit Gerechtigkeitsfragen, Nachhaltigkeit, Umweltschutz. Im Umgang mit politischen Gegnern setzen sie auf Konsens statt auf Konfrontation und verbinden Durchsetzungsvermögen mit einem kommunikativen Führungsstil. Basta-Politik ist ihnen ebenso zuwider wie männerbündische Rituale. Sie haben Bodenhaftung, wirken frisch, modern und: integer. Das macht den Unterschied aus.

Wenn gestritten wird, dann über sogenannte weiche Themen.

„Ich möchte die Welt verbessern“, sagt Hannelore Kraft über ihre Arbeit. Ähnlich äußern sich Malu Dreyer und Annegret Kramp-Karrenbauer. Das klingt nur naiv, ist es aber nicht. Auf manche mag es nicht wie ein Programm wirken, doch das ist es. Das Programm heißt: werthaltige Inhaltlichkeit. Und es wirkt. Die drei sind die beliebtesten Politiker in ihren Ländern. Beim Wähler kommt an: Da will eine mehr als Macht. Es ist das Gegenteil des gelernten Machtfunktionärs à la Steinbrück, Gabriel, Seehofer. Deren Ausstrahlung ist der Gegenpol. Die unterscheiden sich im besten Fall von den Wulffs und Guttenbergs dieser Republik.

Dass sich diese Frauen durchsetzen, liegt auch daran, dass ihre Themen jetzt ins Zentrum der politischen Agenda rücken. Die ideologischen Kämpfe sind doch längst ausgefochten. Bei der Griechenland-Rettung, bei Rente und Energie gibt es keine großen Unterschiede mehr. Wenn gestritten wird, dann über sogenannte weiche Themen: Familienpolitik, Quote, soziale Gerechtigkeit. Bloß: So weich sind die nicht.

Mit den neuen Frauen und ihrem moderaten, wertkonservativen und damit überparteilichen Kurs – durchaus mit christlichen Einsprengseln – verstärkt sich der Trend zur Ununterscheidbarkeit der Parteien. Aber stört das die Wähler? Nein, sie wollen den Kampf der Kulturen gar nicht mehr.

Der Siegeszug der neuen Politikerinnen ist nicht zuletzt dadurch zu erklären, dass sie auch von Männern zu wählen sind. Denn sie machen es auch ihnen einfacher, sich von der Vernunft leiten zu lassen. Und nicht von paternalistischen Ritualen.

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