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Meinung: Frauenbefreiung war gestern

Dem „neuen Feminismus“ geht es vor allem um Macht, Geltung und Geld

Clinton, Merkel, Royal – nichts ist unmöglich. Es liegt in der Luft, dass die Frauen, die einzig erfolgreichen unter den Revolutionären der letzten hundert Jahre, zum nächsten großen Schlag ansetzen. Könnte schon sein, dass in den nächsten zehn Jahren auch die politischen Spitzenjobs, jedenfalls in der westlichen Welt, in großem Stil abgeräumt werden.

Auch wenn Ségolène und Hillary mit ihren Anläufen scheitern sollten – die Krise der Männlichkeit ist allgegenwärtig. Die EU veranstaltet schon Gender-Konferenzen für den Mann. In Schulen und Hochschulen ziehen die Mädchen an den Jungen vorbei, die, zumal wenn sie Hauptschüler sind, längst den Boys’ Day brauchten.

Doch ihre Lobby ist schwächer als die der Frauen im öffentlichen Raum, die neuerdings behaupten, dass wir einen neuen Feminismus brauchen. Den Vorwand und Kontrapunkt dafür hat Eva Herman geliefert, die keine öffentliche Bühne auslässt, um dort zu verkünden, dass die Frau ins Heim zu Kind und Mann gehört. Diese verlogene Inszenierung stützt die in der Wirklichkeit durch sonst nichts bewiesene These, dass es in der Frauenfrage Stillstand oder ein Roll-back gibt. Tatsächlich sind Frauen weiter auf dem Vormarsch. Siehe Bundesrichterinnen, Künstlerinnen, Intendantinnen.

Der „neue Feminismus“ ist ein Herrschaftsdiskurs, nicht der eines unterdrückten Geschlechts. Frauen sind durch die Eroberung neuer Rollen und Positionen auch ungleicher geworden. Wie es die Männer immer waren: Die wirklich Mächtigen herrschten überall, die armen Wichte nur, aber immerhin, zu Hause über Frau und Kinder. Die kollektive, allgegenwärtige Unterdrückung qua Geschlecht ist für Frauen Vergangenheit. Und siehe da: Die Interessen gehen auseinander wie die Lebenslagen. Und die erfolgreichen Frauen verstehen es wie die mächtigen Männer, handfeste eigene Interessen zu solchen von höherer Wertigkeit, zum neuen Feminismus, zu erklären.

Über ein vages „von allem noch mehr“ kommt der Forderungskatalog nicht hinaus, wie er sich in der „Zeit“ oder „Brigitte“ vorstellt. Interessanter noch sind die Leerstellen: Die tatsächlich vorhandene, neue Unterdrückung von Frauen mitten in unseren Städten, etwa von muslimischen Mädchen oder sexuell ausgebeuteten Osteuropäerinnen, steht keineswegs als erstrangiges Kampfziel auf dem Banner des „neuen Feminismus“.

Vielmehr artikulieren Frauen, die viel erreicht haben, legitime Interessen, um die männlichen Bastionen restlos zu schleifen: Hahnenkampfkulturen, Seilschaften, Feierabendbündnisse. Das ist sinnvoll, verständlich, überfällig. Aber es ist, seien wir ehrlich, ein Kampf um Einfluss, Geltung, Geld. Freiheit ist dafür ein zu großes Wort.

Aber um Befreiung und Freiheit hat die Frauenbewegung ihren Kampf geführt. Wenn der neue fortführen will, wofür der alte Feminismus gekämpft hat, dann muss er zuerst um die Bildung der Unterschichten-Teenies und die Freiheit unserer Musliminnen kämpfen. „Emma“ ist übrigens unermüdlich dabei. Nachträglichen Glückwunsch zum 30.!

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