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Freisprüche im Fall Ermyas M.: Recht und Gesetz

Im Zweifel für den Angeklagten. Gerichte können nur Fakten werten. Es darf nicht nach Einschätzungen geurteilt werden und auch nicht nach dem Grad der öffentlichen Empörung.

Es lässt sich nicht mehr klären, was in der Osternacht 2006 an der Potsdamer Straßenbahnhaltestelle Charlottenhof geschehen ist. Dort wurde der Deutsch-Äthiopier Ermyas M. in den frühen Morgenstunden niedergeschlagen und lebensgefährlich verletzt. Die flüchtenden Täter ließen ihn hilflos liegen. Alle Beteiligten waren offenbar angetrunken. Ein Telefonmitschnitt dokumentiert rassistische Beleidigungen. Aber auch Ermyas M. beschimpfte die Unbekannten, mit denen er aneinandergeriet oder die ihn attackierten. Ein Freispruch am Ende eines Geschehens, dessen vermuteter Ablauf das ganze Land aufrüttelte, ist unbefriedigend. Aber das Gericht kann nur Fakten werten. Es darf nicht nach Einschätzungen urteilen und auch nicht nach dem Grad der öffentlichen Empörung. „Im Zweifel für den Angeklagten“, das klingt nach einem Freispruch zweiter Klasse, und das Gericht hat auch keinen Hehl daraus gemacht, dass Indizien für eine Täterschaft jener sprachen, die jetzt vor Gericht standen. Aber die Trennung zwischen Rechtsstaat und Unrechtsstaat verläuft vor Gericht eben genau da, wo nach Gesetz und nicht nach Empfinden geurteilt wird.

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