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Meinung: Für den Fall

Der Bundespräsident soll bleiben. Als Amt. Darum wird im Stillen hin und her überlegt.

Sage keiner, es rede niemand über den Fall X. Den Fall, dass Christian Wulff sich doch nicht im Amt halten kann, obwohl er gerade wie festgeschnallt wirkt. Natürlich gibt es Gespräche auch zwischen Spitzenkoalitionären, nur richtiggehende Beratungen nicht. Und die Gespräche lassen sich gut als Arbeitskontakte verbrämen.

Peter Hintze, einer der engen Vertrauten von Angela Merkel, einer, dem sie seit ihren Zeiten im Frauenministerium weiland in Bonn zuhört, hat Wulff zu stärken versucht, nach innen und außen. Doch könnte es sein, dass das nicht ausreicht. Weil sich weitere Fragen an den Präsidenten ergeben und der nicht zur Ruhe kommt. In CDU und CSU wünschen sie sich die Ruhe sehnlich, auch bei der FDP vereinzelt, vor allem an der Spitze, nur ist längst nicht sicher, dass sich aus der Causa Geerkens nicht noch mehr entwickelt. Unter der Hand wird doch gefragt, woher das Geld, das er – beziehungsweise seine Frau – zur Verfügung gestellt hat, kommt. Einstweilen will aber niemand der sein, der den Bundespräsidenten unziemlich unter Druck hält, will sagen: mit Gerüchten.

So erklärt sich auch, zumindest in Teilen, das schwankende Verhalten der SPD. Einerseits will sie Wulff angreifen, der aus ihrer Sicht dem Amt schadet; andererseits will sie nicht auslösen, was der Vorsitzende, Sigmar Gabriel, eine Staatskrise genannt hat. Gemeint ist damit eine Staatsinstitutionenkrise, die sich belastend auf die Gewaltenteilung und deren Balance auswirkt. Muss Christian Wulff gehen, fragen sich immer mehr Menschen: Wozu noch einen Bundespräsidenten?

Unglücklich war aus allen erdenklichen Gründen daher, dass Generalsekretärin Andrea Nahles Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Hauptziel erklärte und ihr Neuwahlen abverlangte für Wulffs Fall. Wenn das ihr Ziel sein sollte, dann hätte es nie genannt werden dürfen, sagen Strategen der SPD wie der Koalition. Denn das ist eine Vordergründigkeit, die auf die Öffentlichkeit vor allem abgründig wirkt, bloß taktisch. Hinzu kommt, dass es bedeutet, Merkel wieder einmal zu unterschätzen.

Als ob die nicht selber wüsste, was es hieße, wenn sie Wulff nicht mehr im Amt zu halten vermöchte. Von dieser Erkenntnis bis zu der, dass auch die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende einen Kandidaten wählen könnte, der weit über die Union hinaus auch bei der Opposition, bei SPD und Grünen, Gefallen fände, ist es nicht allzu weit. Die Rede ist nicht von Wolfgang Schäuble – es gibt auch einen aus der SPD, und über den wäre dann richtiggehend zu beraten: Frank-Walter Steinmeier.

Merkel, und in der Union nicht nur sie, schätzt Steinmeier, selbst in seiner Funktion als Fraktionschef der Opposition. Daran könnte es auch weniger scheitern als an der SPD: Steinmeier schiede in dem Fall aus der Troika der möglichen Kanzlerkandidaten aus. Was für Merkel eine bessere Vorstellung ist, wäre für die SPD, besonders die Linke inklusive Nahles, keine. Wäre sie doch allein gelassen mit Gabriel und Peer Steinbrück. Und nun sage keiner, über dies und das würde nicht geredet.

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