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Meinung: Ganz legaler Unsinn

Von Cordula Eubel

Ein ganz schön dreister Vergleich: Der scheidende Wirtschaftsminister Wolfgang Clement wirft Langzeitarbeitslosen parasitäres Verhalten vor. Nur zur Erinnerung: Parasiten, das sind in der Biologie die Organismen, die auf Kosten anderer leben. Clement fordert mit seinen Beschimpfungen billige Hetze gegen Arbeitslose gerade zu heraus. Damit tut er sich keinen Gefallen. Mindestens zehn Prozent der ArbeitslosengeldII-Empfänger betrieben Missbrauch, schimpft Clement. Eine Zahl, die zumindest fragwürdig ist. Denn viele Arbeitslose nutzen ganz legal die Möglichkeiten, die ihnen der Gesetzgeber gegeben hat. Dazu gehört auch, dass arbeitslose Jugendliche das volle Arbeitslosengeld II erhalten, wenn sie einen eigenen Haushalt gründen – und zwar unabhängig davon, was ihre Eltern verdienen. Natürlich darf ein Minister die Frage aufwerfen, ob die Gemeinschaft der Steuerzahler dafür aufkommen muss, wenn der Sohn eines Abteilungsleiters zu Hause auszieht, nur um Anspruch auf Hartz IV zu haben. Aber er muss auch daran denken: Die Politik hat dem Sohn das ermöglicht. Dass die Kosten für die Arbeitsmarktreform in die Höhe schnellen, darf einen dann nicht überraschen. Wer das verhindern will, muss die Gesetze ändern und sollte nicht Arbeitslose beschimpfen, die diese Lücken dank guter Beratung zu nutzen wissen.

Natürlich ist es richtig, dass die Bundesagentur für Arbeit konsequenter gegen Missbrauch vorgehen muss. Oft reichen schon ein Telefonanruf oder ein überraschender Besuch bei jemandem, der sich lange nicht mehr bei der Arbeitsagentur gemeldet hat, um Betrüger aufzudecken. Doch viel wichtiger ist, dass die Arbeitsverwaltung das Prinzip des „Forderns und Förderns“ vernünftig umsetzt. Der Grundgedanke bei Hartz IV war ja richtig: Wer lange Zeit arbeitslos gewesen ist, muss bereit sein, auch einen schlechter bezahlten Job anzunehmen. Im Gegenzug muss die Arbeitsagentur ihn aber auch dabei unterstützen, wieder fit für den Arbeitsmarkt zu werden. In den ersten Monaten seit dem Start von Hartz IV war die Behörde damit beschäftigt, die neuen Computerprogramme zu bedienen und das Geld auszuzahlen. Jetzt sollten die Mitarbeiter sich endlich um die Vermittlung und Qualifizierung kümmern. Sie in erster Linie auf die Jagd nach Betrügern zu schicken, wäre verkehrt.

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