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Markus Dröge ist Bischof der Evangelischen Landeskirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz.

© Mike Wolff

Gastbeitrag zum EKD-Familienpapier: Bischof Dröge: Wer den Bund der Ehe bricht, macht sich schuldig

Das Familienpapier der evangelischen Kirche ist theologisch zu unklar. Denn wer die Ehe bricht, macht sich schuldig, an Gott und an dem Partner. Auch das zu benennen, wäre notwendig gewesen.

Vor gut drei Wochen wurde die Orientierungshilfe „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit: Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken“ vom Rat der EKD herausgegeben. Wie ein Stich ins Wespennest hat der Text gewirkt. Kardinal Meisner aus Köln fordert sogar, den Text zurückzuziehen.

Es war höchste Zeit, dass eine evangelische Stimme sich dem Thema intensiv widmet und eine Diskussion anregt. Denn das Evangelium mit Zuspruch und Anspruch muss in einer neuen Situation neu formuliert werden. An erster Stelle steht der Zuspruch. Davon bestimmt muss der Anspruch der Gebote Gottes konkretisiert und ein Aufruf zu selbstverantwortlichem Handeln formuliert werden. Genau dies versucht die Orientierungshilfe. Ist es ihr gelungen? Mein Eindruck: Noch nicht mit der notwendigen theologischen Klarheit.

Ich nenne Beispiele: Es wird gefragt, ob man sich Treue für ein ganzes Leben versprechen kann. Bedenken werden genannt. Es fehlen aber hilfreiche Aussagen darüber, warum und wie man dieses Ja-Wort trotz aller Bedenken dennoch geben kann. Nämlich dann, wenn sich ein Paar unter die Verheißung Gottes stellt, der selbst ein treuer Gott ist und die Kraft zur Treue schenkt. Der glaubende Zuspruch droht hinter den Bedenken zu verschwinden.

Zu Recht wird die unkritische und ausschließliche Bestimmung der bürgerlichen Ehe als Stiftung Gottes kritisiert. Dennoch, so müsste stärker herausgestellt werden, bleibt die Ehe eine gute Anordnung Gottes, die verbindlich ist, auch dann, wenn es heute darum geht, andere Formen der Partnerschaft ethisch zu würdigen.

Zu Recht wird das unkritische Reden von einer Schöpfungsordnung infrage gestellt, das dazu führt, andere Lebensformen gleichsam als unordentlich abzulehnen. Diese richtige Feststellung muss aber theologisch begründet werden, zum Beispiel mit dem Begriff des „Bundes“. Der „Bund fürs Leben“, den Menschen eingehen, gründet sich theologisch gesprochen in dem Bund, den Gott mit den Menschen schließt. Die Ehe ist und bleibt eine gute Form, diesen Bund zu leben. Neu ist lediglich, dass dieser Bund fürs Leben auch in eingetragenen Partnerschaften geschlossen und in Treue gelebt werden kann. Wer ihn bricht, macht sich schuldig, an Gott und an dem Partner. Auch das zu benennen, wäre notwendig, wissend, dass wir im Evangelium Vergebung finden.

Galater 3, 26-28 (Gleichheit aller „Kinder Gottes“) wird zitiert und die „Freiheit … den eigenen Lebensentwurf zu gestalten“ wird daraus abgeleitet. Hier wäre es dringend notwendig, auch das andere Thema des Galaterbriefes zu benennen: Die Abgrenzung gegenüber einer falsch verstandenen Freiheit. Der Text verpasst die gute Gelegenheit, die Worte der Trauagende theologisch neu zu interpretieren und dadurch den „Schutzwall für Treue und Beständigkeit“ zu stärken.

Zum Thema der Segnung Gleichgeschlechtlicher wird erfreulich klar bezeugt, dass das evangelische Menschenbild den Menschen nicht auf seine biologischen Merkmale reduziert. Als biblisches Gegengewicht gegen die Bibelstellen, die Homosexualität als Sünde bezeichnen, eignen sich aber kaum Stellen, die von „zärtlichen Beziehungen zwischen Männern“ sprechen. Hier müsste viel klarer gesagt werden, wie zeitbedingt die biblischen Aussagen zur Homosexualität sind. Die Kritik an Homosexualität in der Bibel ist die Kritik am Missbrauch von Lustknaben. Was heute in eingetragenen Lebensgemeinschaften in gegenseitiger Verantwortung gelebt wird, war zur Zeit des Paulus gar nicht im Blick.

Ich begrüße die Orientierungshilfe ausdrücklich als einen wichtigen Diskussionsbeitrag. Allerdings hätte ich mir mehr theologische Klarheit gewünscht, um die verlässliche Gemeinschaft sowohl in der Ehe als auch in anderen Lebensformen noch deutlicher zu stärken. Die Ökumene könnte gestärkt werden, wenn die katholische Kirche den Ball als Herausforderung aufnimmt und nun selbst konstruktiv darlegt, wie sie neue Lebensformen angemessen ethisch würdigen will.

Der Autor ist evangelischer Landesbischof für Berlin und Brandenburg. Der Beitrag ist zugleich in „Die Kirche“ erschienen.

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