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Gastkommentar: "Afrika muss sich selber retten"

Das Bild Afrikas als vom Krieg zerrissener Kontinent, gequält von Konflikten, ist weit verbreitet. Doch in Wahrheit ist dies eine unfaire Vereinfachung der Tatsachen. Damit der ärmste Kontinent wirtschaftlich vorankommt, braucht es Führungsstärke.

Hilfszusagen müssen eingehalten werden. Sie können Leben retten und armen Ländern helfen. Doch schlussendlich wird die Rettung Afrikas vom Kontinent selbst kommen. Gute Regierungsführung, die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen, umzusetzen und bis zum Ende zu verfolgen, ist die einzig langfristig wirksame Lösung. Das ist es, was wir aus den vergangenen Jahrzehnten gelernt haben sollten.

Das Bild Afrikas als vom Krieg zerrissener Kontinent, gequält von Konflikten, ist weit verbreitet. Doch in Wahrheit ist dies eine unfaire Vereinfachung der Tatsachen. Nichtsdestotrotz waren und sind Konflikte ein Stolperstein für viele afrikanische Länder, die versuchen, aus der Armut herauszuwachsen. Sie verursachen nicht nur unermessliches Leiden, sondern unterlaufen Fortschritte und setzen für die betroffenen Länder eine Abwärtsspirale in Gang, aus der sie nur schwer wieder entkommen können. Solche Konflikte sind nur schwer einzugrenzen – das zeigt das Beispiel Somalia, wo Konflikte den Nährboden für Piraterie und Extremismus bereitet haben, die nicht nur die Nachbarländer, sondern auch den Rest der Welt bedrohen.

In Anbetracht des moralischen und des sicherheitspolitischen Imperativs mag es in einigen Fällen möglich und erstrebenswert sein, dass internationale Truppen militärisch eingreifen, den Konflikt beenden und den Frieden wiederherstellen. Die Weltgemeinschaft hätte dies in Ruanda tun sollen. Das ist es, was ich als Premierminister getan habe, als ich zur Beendigung der Gewalt Truppen nach Sierra Leone schickte. In anderen Fällen jedoch wird man Frieden am besten mit anderen Mitteln herstellen können.

Doch ist das Ende des Konflikts nur der Anfang der Geschichte. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass größte Anstrengungen darauf konzentriert werden, diesen Ländern zu helfen, sich zu erholen und lang anhaltende Stabilität zu entwickeln.

Die gute Nachricht ist, dass es möglich ist, so schwer der Prozess auch sein mag. Ich war vor kurzem in Ruanda, ein Land, das für die meisten Menschen mit den Bildern von Völkermord und Gewalt verbunden ist. Dieses Land hat sich unter der weitsichtigen Führung von Präsident Kagame komplett verändert. Das Land ist stabil, Indikatoren für Gesundheit und Bildung verbessern sich ständig, und die Wirtschaft boomt – das Bruttoinlandsprodukt ist im letzten Jahr um unglaubliche zehn Prozent gestiegen.

Der Fall Ruanda zeigt nicht nur, dass Wiederaufbau möglich ist, sondern auch, dass politische Führung dabei zentrales Element sein muss – Präsident Kagame mit seiner zielstrebigen Entschlossenheit muss ein Großteil der Verantwortung für diesen Wiederaufbau zugewiesen werden. Die internationale Gemeinschaft muss vor Ort sein, um schnell und flexibel erhebliche Hilfsmittel zur Wiederherstellung von Infrastruktur und öffentlichen Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen, doch der Schlüssel ist energische Führungsstärke, unterstützt von wirksamen Regierungssystemen. Vom kürzlich veröffentlichten Bericht des African Progress Panel wurde dies auch ausdrücklich festgestellt: Kofi Annan schloss richtigerweise, dass „die Verantwortung für den Fortschritt Afrikas bei seinen politischen Führern liegt“.

Daher habe ich die „African Governance Initiative“ ins Leben gerufen. Ihr Ziel ist es, mit weitsichtigen afrikanischen Führern wie Präsident Kagame aus Ruanda und Präsident Koroma aus Sierra Leone zusammenzuarbeiten, um Systeme zu Regierungsführung und Rechenschaftslegung aufzubauen, die es ihnen erlauben, ihre Visionen von Wohlstand in die Wirklichkeit zu übertragen. Diese neue Initiative ist ein Weg, mein Engagement für Afrika zu erneuern und zu zeigen, dass es durch eine innovative Partnerschaft mit afrikanischen Führern möglich ist, bemerkenswerte Ergebnisse zu erzielen, die traditionelle Ansätze in der Entwicklungsarbeit ergänzen und das Potenzial afrikanischer Führer, Entwicklung voranzutreiben, freisetzen.

Partnerschaften wie diese haben nicht nur ein ungeheures Wirkungspotenzial, sondern erkennen auch an, dass, obgleich wir die Pflicht haben, afrikanischen Ländern – insbesondere denen, die sich in Konfliktsituationen befinden – zu helfen, die langfristigen Lösungen für afrikanische Probleme von Afrikanern selbst erdacht und umgesetzt werden.

Der Autor war von 1997 bis 2007 britischer Premierminister. Unter seinem Vorsitz machte der G-8-Gipfel von Gleneagles 2005 die Hilfe für Afrika zum Thema. Blair gründete die gemeinnützige Beratungsgesellschaft „Africa Governance Initiative“ (www.tonyblairoffice.org)

Tony Blair

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