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Meinung: Gastkommentar: Danke! Und tschüss ...

Ein altmodischer, in seine Einzelteile zerbrechender Apparat ist dabei, auf die Erde zu stürzen. Das könnte gefährlich werden.

Ein altmodischer, in seine Einzelteile zerbrechender Apparat ist dabei, auf die Erde zu stürzen. Das könnte gefährlich werden.

Nein, ich rede nicht über die Raumstation Mir, den kosmischen Wartburg, sondern über ein anderes Gebilde, das von unserem Planeten abgehoben hat - die grüne Partei.

Beide, die Mir und die Grünen, haben ihre Mission erfüllt. In den "good old days", als ein paar Cruise Missiles unser einziges Problem waren, als Verona Feldbusch noch im Kindergarten war (Hinweis an die Redaktion: bitte ein Bild!), damals hatte man noch eine ganze Menge Spaß auf grünen Parteikongressen. Ich freute mich auf sie genauso, wie sich ein Kind auf den Zirkus freut. Sogar Ludger Volmer konnte einen zum Lachen bringen, wenn auch unabsichtlich. Ich könnte ihn wahrscheinlich erpressen mit den dummen Sachen, die er auf Parteikongressen gesagt hat. Heute ist der Staatsminister nur noch eine Quelle für Peinlichkeiten. Es gab im Revolutionären Kampf erprobte Zirkusdirektoren, brüllende Löwen, eine schauspielernde Seehündin namens Jutta und viele, viele Clowns. Doch früher oder später verliert sogar der Zirkus seinen Charme. Die Grünen haben heute geringen Unterhaltungswert.

Wir verdanken den Grünen eine ganze Menge. Sie haben uns gelehrt - und Grüne sind geborene Lehrer -, dass das Verhältnis des Menschen zur Natur aus dem Gleichgewicht geraten war. Das taten sie zu einer Zeit, als man niemanden aus den etablierten Parteien dazu bringen konnte, über die nächsten Wahlen hinaus zu denken. Grüne Themen stehen heute bei allen Parteien des Mainstreams auf der Tagesordnung. Die Feuilleton-Seiten der konservativen Presse sind nun besessen von dem, was einst verrückte grüne Ideen waren.

Wenn jeder grün ist - der grüne Gerd und die grüne Angie - dann braucht man keine grüne Partei mehr. Was soll überhaupt noch die Funktion der Grünen sein? Einen Atomkrieg zu verhindern und das Wettrüsten zu beenden? Von dieser Illusion hat uns Joschka Fischers Reise nach Washington befreit. Um die globale Erwärmung zu stoppen? Um unsere Tiere zu retten? Nichts bleibt übrig.

Es ist offensichtlich, dass die Grünen sich nicht in Realos und Fundis aufspalten, sondern in heimliche Sozialdemokraten und völlig Unpolitische, in unbarmherzig Ehrgeizige und jene, die Angst haben vor den Versuchungen der Macht. Die grüne Protestbewegung mit ihren pseudo-religiösen Gewissheiten und Ritualen hat keine ernst zu nehmende Verbindung mehr mit der Partei der Grünen. Die Castor-Rebellen tanzen nach ihren eigenen Rhythmen.

Eine Sieben-Prozent-Partei kann nicht gleichzeitig in der Opposition und in der Regierung sein und hoffen, dennoch zu überleben. Man nehme nur Renate Künast, die für 15 Minuten die leuchtende Hoffnung der Partei war. Sie findet nun heraus, dass man nicht gleichzeitig Verbraucher- und Landwirtschaftsministerin sein kann; das sei ein Oxymoron wie frittierte Schneebälle oder schwangere Jungfrauen.

Warum hat kein anderes Land eine bedeutende grüne Partei? Weil Protestbewegungen keine natürliche Basis für eine moderne politische Partei hergeben. Solidarnosc hat das in Polen erfahren. In Großbritannien kramt Tony Blair, der einer Wahl entgegensieht, einige Umweltthemen wieder hervor, die er in den vergangenen vier Jahren glatt vergessen hatte. Aber nur, weil er verhindern möchte, dass die Nation sich zwischen Stadtwählern und zunehmend enttäuschten Landbewohnern aufspaltet. Moderne Politik bedeutet, Umweltpolitik mit anderen Aspekten öffentlichen Lebens zu verbinden - und keinen Fetisch aus der Ökologie zu machen.

Die Grünen haben die Art und Weise geändert, mit der Politiker die Welt sehen. Dafür sollten wir entsprechend dankbar sein. Wie die Mir sollten sich die Grünen davonmachen. Sich friedlich auflösen. Fischer und Künast können der SPD beitreten, Königs und Metzger sich bei der FDP einschreiben. Und was den Rest betrifft - Jassir Arafat sucht immer nach frischen Rekruten.

Der Autor ist Korrespondent der britischen Tagesze

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