zum Hauptinhalt
Friedbert Pflüger

© Mike Wolff

Gastkommentar: Die Party bei den Russen ist besser

Berlin braucht endlich einen guten Botschafter der Vereinigten Staaten. Warum schickt man keine gelernten Diplomaten, sondern Freunde des Präsidenten als Anerkennung für gute Dienste?

Irgendwann in den nächsten Monaten , so ist zu hören, wird endlich der neue Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika in Berlin seine Amtsgeschäfte aufnehmen. Es gibt den Posten also noch. Das letzte Ereignis, das in Erinnerung geblieben ist, war der in jeder Beziehung ins Wasser gefallene Empfang zur Eröffnung des neuen Botschaftsgebäudes am 4. Juli letzten Jahres. Ganz anders der russische Botschafter Wladimir Kotenew: Dieser und nicht zuletzt seine Frau Maria beherrschen seit einigen Jahren immer stärker das politische und gesellschaftliche Leben Berlins. Sie sind überall präsent, vor allem aber organisieren sie die besten Feste. Der russische Ball ist mittlerweile Pflicht. Es gibt Konzerte, Modenschauen, festliche Diners, Tanzkurse – aber dann auch Tagungen und Themenabende für die Energiewirtschaft oder mittlere Familienunternehmen usw. Immer ist was los bei den Kotenews. Dabei ist es wahrlich nicht so, dass sie es allen recht machen. Im Gegenteil: Immer haben sie eine „Botschaft“. In Ton und Art verbindlich, sind sie in der Sache eindeutig. So hat sich der russische Botschafter den Respekt auch derjenigen erarbeitet, die anderer Auffassung als der Kreml sind. Als bei der Verleihung des Roland-Berger-„European Business Awards“ vor einigen Wochen in Berlin der Chefredakteur des „Spiegel“ harsche Kritik an der mangelnden Pressefreiheit in Russland äußerte, verlies die Frau des Botschafters den Saal. Jeder mag „Marsha“ und so wurde viel Verständnis geäußert.

Ganz anders die Vorstellung der Amerikaner in den letzten Jahren: zwar zu allen freundlich, aber irrelevant, defensiv, fast eingemauert, wenig unterwegs, in Medien kaum präsent – was auch, aber nicht nur mit den mangelhaften beziehungsweise nicht vorhandenen Deutschkenntnissen der Chefdiplomaten aus Washington zu tun hatte. Die Kotenews dagegen sprechen fabelhaft deutsch, der letzte US-Botschafter, ein äußerst freundlicher und honoriger Zeitgenosse, hat es nicht einmal versucht.

Nun könnte man zur Verteidigung sagen, dass es für die beiden letzten Statthalter der USA auch nicht allzu leicht war, die unpopuläre Politik des George W. Bush zu vertreten. Aber umgekehrt ist es richtig: je schlechter die Administration in der Heimat, desto höher die Ansprüche an einen Botschafter draußen. Aber als die Bush-Regierung im Feuer stand, tauchten die Botschafter weg. Keine offensive Darstellung der Haltung Amerikas, das überließ man der American Adademy, dem Aspen-Institut oder der Atlantik-Brücke. Oder dem wackeren John Kornblum, dem früheren Botschafter, der Deutsch spricht und immer wieder Amerika erklärt. Aber die schweren Themen und der unpopuläre Präsident können keine Entschuldigung sein. Kotenew hat es da auch nicht leicht: Demokratiedefizit, Gasstreit, Georgienkrieg und anderes. Aber er ist vor Ort und kämpft.

Viele Freunde Amerikas , die nicht notwendig Gegner Russlands sind, verzweifelten in den letzten Jahren an der Wirkungslosigkeit der amerikanischen Diplomatie in Berlin. Ist Berlin, ist Deutschland nicht mehr wichtig genug? Warum schickt man keine gelernten Diplomaten, sondern Freunde des Präsidenten als Anerkennung für gute Dienste?

Unter Obama hat sich einiges geändert am Stil und im Ton der amerikanischen Außenpolitik. Man möchte so gern die Hoffnung teilen, dass der designierte neue Botschafter der USA, Phil Murphy, sollte er vor Ende der Amtszeit Obamas die Nominierungshürden überwunden haben, die US-Diplomatie in Berlin wieder zum Strahlen bringt. Amerika hat hervorragende Botschafter in Deutschland gehabt: Arthur Burns, Richard Burt, Vernon Walters, John Kornblum, Richard Holbrooke oder Robert Kimmit. Phil Murphy. früherer Goldman- Sachs-Banker und in der Atlantik-Brücke seit langem engagiert, hat das Zeug, um in diese Fußstapfen zu treten. Hoffentlich bald, denn die transatlantischen Themen von der Wirtschaftskrise über die Energiepolitik bis zu Iran und Afghanistan verlangen eine enge freundschaftliche Abstimmung der Regierungen und eine aktive Präsenz Washingtons in Berlin. Hoffentlich wird er ebenso erfolgreich wie Kotenew. Dem deutsch-amerikanischen Verhältnis würde es gut tun.

Der Autor ist Honorarprofessor für Internationale Politik in Berlin und Mitglied im CDU-Bundesvorstand. 2005/06 war er Staatssekretär im Verteidigungsministerium.

Friedbert Pflüger

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false