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Meinung: Gastkommentar: Diven-Verleih

Als hätte "Amélie" nicht schon alles erreicht! Frankreich beschenkt sich mit "Acht Frauen" und setzt die Selbstbeweihräucherung fort, besten Gewissens, voller Hingabe, ja fast maßlos.

Als hätte "Amélie" nicht schon alles erreicht! Frankreich beschenkt sich mit "Acht Frauen" und setzt die Selbstbeweihräucherung fort, besten Gewissens, voller Hingabe, ja fast maßlos. 170 000 sahen den Film am ersten Tag, 780 000 waren es am Ende der Woche. Während der Berlinale hielt die Direktorin des Verleihs im "Hyatt" am Potsdamer Platz Hof: "So etwas hat es noch nie gegeben! Ein Feenmärchen!" Es schmerzte, auswählen zu müssen zwischen verschiedenen Kaufofferten aus aller Welt, eine fabelhafter als die andere. Die grandes dames erlaubten sich den Luxus, nicht zur Auszeichnung mit dem Bären zu kommen. Für das Ego jedes großen Stars ist so ein Arrangement, Marke Gruppenfoto im Ferienclub, bei dem jede der Schönen einen Schatten auf die anderen wirft, eine Zumutung.

Ganz Frankreich durfte miterleben: 1. den himmlischen Kuss in Technicolor - Fanny Ardant, Ex-Kabarett-Tänzerin, die die Männer zu sehr liebt, stößt Catherine Deneuve, platinblonde Großbürgerin, auf den Perserteppich im Salon; und die zwei Göttinnen des französischen Kinos küssen sich lange und sinnlich. 2. der Wutausbruch - Catherine Deneuve zerschlägt eine Portweinflasche auf dem zerbrechlichen Kopf der alten Dame Danielle Darrieux, geboren 1917, und sperrt sie in ein Kabuff; zwei Legenden, die mit der Faust aufeinander losgehen, wer möchte diesen grandiosen Kino-Moment versäumen? 3. Isabelle Huppert singt, auf dem Piano sitzend, einen Hit von Francoise Hardy, der all die Erinnerungen an die Ferien auf dem Land und den ersten Liebeskummer weckt; eine Sehnsucht, die man belächeln kann, ich weiß, und doch so köstlich.

Die deutsche Kritik erliegt dem Charme. Und dem Masochismus. Sie drückt sich nicht vor der schmerzlichen Frage: Wie hätte ein deutscher Regisseur die nötigen acht Stars zusammengebracht? Weder die brave Hannelore Elsner noch die verstorbene Hildegard Knef (ein Weltstar gewiss, der jedoch dem Publikum in Frankreich weitgehend unbekannt ist), nicht zu vergessen Katja Riemann, Gudrun Landgrebe und all die anderen Sternchen der 20.15-Fernseh-Spielfilme ... - keine von ihnen hat die Bedeutung, um die Lücke zu füllen, die nach Marlene Dietrich geblieben ist. Zudem sind die guten deutschen Schauspielerinnen im Ausland ziemlich unbekannt. Wer würde anderswo gerne Uschi Glas zu einem Hit von Udo Jürgens tanzen sehen? Und wer sich von einer Umarmung Inge Meysels mit Veronica Ferres verführen lassen? Das ist nicht die gleiche Magie.

Jedes Jahr zucken die deutschen Filmkritiker die Schultern, wenn sie die Glücksschreie der Fans an der Croisette in Cannes hören. Die Deneuve und die Huppert schmücken den kollektiven Traum der Franzosen jeden Alters. Ein Kult, der die Deutschen ärgert. Nein, nein, die Berlinale ist nicht Cannes, rechtfertigt man sich. Kein Défilée der Stars, kein Glamour. Die Berlinale ist ein Festival für das Publikum, ist "authentisch" - ein Adjektiv, das nur Deutsche für ein Kompliment halten. Große Filmschauspielerinnen haben uns immer zum Träumen gebracht. Daran ist nichts falsch. In Frankreich lieben wir sie gerade deswegen. Sie gehören zur Familie. Meine Großmutter tauschte im Krieg ihre Lebensmittelmarken gegen ein Kino-Ticket, um Danielle Darrieux zu sehen. Seit "Die Regenschirme von Cherbourg" hat mich Catherine Deneuve durchs Leben begleitet. Das schönste Kompliment für meine Mutter war, wenn ihr einer sagte, sie ähnele Michèle Morgan.

Frankreich erlaubt sich den Luxus, weitere Perlen auf das funkelnde Kollier zu reihen. Ein einfaches Spiel. Man muss nur die neunte Frau finden. Jeanne Moreau, Isabelle Adjani? Warum nicht Laetitia Casta, Nathalie Baye, Juliette Binoche? Oh, man darf Michèle Morgan nicht vergessen! Und die Jüngeren nicht verschweigen: Sandrine Kiberlain, Audrey Tautou ... Wir haben so viele Diven - möchte Deutschland sich eine ausleihen?

Die Autorin schreibt für das französisch

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