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Gastkommentar: "Griechenland soll raus aus der Euro-Zone"

Dirk Meyer ist Professor für Wirtschaftspolitik an der Bundeswehruniversität in Hamburg. Ein Verbleib Griechenlands in der Währungsunion wird für alle Beteiligten teuer, warnt er.

Wenngleich die Politik Hilfen und ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro kategorisch ausschließt, wird diese Strategie immer wahrscheinlicher. Erstens: Griechenland hat mit seinem EU-Beitritt 1981 jährlich netto circa ein Prozent seines Bruttoinlandsprodukts als Unterstützung erhalten, insgesamt etwa 100 Milliarden Euro. Zugleich verstößt das Land seit seiner Euro-Einführung 2001 dauerhaft gegen die Stabilitätsregeln. Nach moralischen Kategorien ist der Verweis auf die gemeinschaftliche Solidarität völlig unangebracht und ein Ausscheiden geboten.

Zweitens: Welche Kosten hätte eine Insolvenz Griechenlands? Sofort würden die Kapitalmärkte drehen. In einer Kettenreaktion würde die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit für die bereits heute problematischen Euro-Mitglieder ansteigen. Die ins Zweistellige hochschießenden Zinssätze würden nicht nur den Teufelskreis aus hohen Zinsen, steigenden Budgetlasten und Bonitätsherabstufungen in Gang setzen, sondern auch eine konjunkturelle Erholung unmöglich machen. Der soziale Sprengstoff, der in Griechenland bereits sichtbar ist, würde alle mediterranen Länder erfassen. Die Folgen träfen auch die solventen Länder als Gläubiger ausfallgefährdeter Anleihen. Allein deutsche Banken haben Forderungen gegenüber den fünf Piigs- Staaten – Portugal, Italien, Irland, Griechenland und Spanien – in Höhe von 550 Milliarden Euro. Hilfen sind im Fall einer Zahlungsunfähigkeit Griechenlands notwendig, nicht zuletzt aus Eigeninteresse. Allerdings ergäben sich Lerneffekte. Die Währungsunion verkäme auf Dauer zu einer transferorientierten Haftungsgemeinschaft. Hilfeleistungen sind deshalb zwingend mit einem Ausscheiden aus der Euro- Zone zu verknüpfen.

Drittens: Juristisch scheinen sowohl Hilfen wie auch ein Ausscheiden eines Mitglieds als schwierig. Allerdings haben EU-Mitglieder außerhalb der Euro-Zone Zugang zu Kredithilfen, Währungsbeistand und Hilfen des Internationalen Währungsfonds (IWF). Erst ein Ausscheiden eröffnet demnach vertragskonforme Unterstützungen. Der Lissabon-Vertrag ermöglicht den Austritt aus der EU und ließe nach einer juristischen Sekunde den Wiedereintritt zu. Damit könnte Griechenland den Sonderstatus außerhalb der Währungsunion ähnlich Großbritannien oder Dänemark neu aufleben lassen. Ebenso ließe der Eintritt Griechenlands mit gefälschten Zahlen in Verbindung mit einer fortgesetzten Nichterfüllung der Stabilitätskriterien die Wiedereinsetzung des alten Zustands zu.

Angesichts eines drohenden Unfriedens innerhalb der EU erscheint diese Bail-out-and-Exit-Strategie als angemessen. Die Einführung der Neuen Drachme eröffnet der griechischen Zentralbank eine eigenständige Geldpolitik mit der Möglichkeit der Abwertung. Damit bestünde die Chance, die Wettbewerbsfähigkeit griechischer Waren zu verbessern. Doch gleichzeitig würde die Bedienung der Euro-Altschulden erschwert. An der Notwendigkeit eines strikten Reformkurses geht somit kein Weg vorbei. Sollten sich die anderen Mittelmeeranrainer mittelfristig entschließen, auch aus der Euro-Zone auszutreten, könnten sie gemeinsam eine mediterrane Währungsunion bilden. Der Gewinn wäre ungeteilt: Beide Währungszonen würden jeweils strukturell ähnliche Mitglieder umfassen, so dass Ungleichgewichte weniger wahrscheinlich blieben. Im Übrigen würden der Integrationsprozess und der Euro keinesfalls Schaden nehmen, sondern langfristig auf einem zukunftsträchtigen Weg zurückgeführt werden.

Der Autor ist Professor für Wirtschaftspolitik an der Bundeswehruniversität in Hamburg.

Dirk Meyer

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