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Meinung: Gefährlich frei

Die FDP wird weiter von Möllemann ferngesteuert

Von Robert Birnbaum

Helmut Kohl darf neidisch sein. Dass er darauf nicht gekommen ist! Jürgen W. Möllemann hat ein neues Instrument ins deutsche Parteispendenwesen eingeführt: den Kredit-Spender. Das ist einer, der einem Politiker heimlich Geld spendiert, das der, gestückelt und unter Falschnamen getarnt, einzahlt. Wird er ertappt, wird die Spende zum Vorschuss-Kredit eines Geschäftsfreundes erklärt. „Kredit“ kommt aber aus dem Lateinischen und hat mit Glauben zu tun. Das sollen wir glauben? Nebbich.

Der Vorgang zeigt indessen das ganze Dilemma des Falls Möllemann. Der Fall hat eine juristische und eine politische Seite. Die juristische ist so kompliziert, dass das Publikum längst nicht mehr mitkommt. Folglich schlägt die Stunde des normalen Menschenverstands: „Wenn es Möllemanns eigenes Geld war – dann ist er ja unschuldig!“ Das ist zwar ein Kurzschluss, aber ein populärer. Damit sind wir bei der politischen Seite. Möllemann baut auf solche Kurzschlüsse: er selbst als Opfer eines Machtkampfs und eines übereifrigen Bundesschatzmeisters. Dabei konnte Günter Rexrodt gar nicht anders als aufklären. Es spricht sogar einiges dafür, dass Möllemann, wenn er am Ende straffrei ausgeht, das Rexrodt zu verdanken haben wird: Weil der ihn frühzeitig ertappte und so verhinderte, dass der versuchte Spendenbetrug als vollzogene Untat im Rechenschaftsbericht steht.

Aber das ist nur eine Pointe in einer Geschichte, die ansonsten wenig zum Lachen bietet. Vor allem für Guido Westerwelle ist das alles wenig witzig. Bevor Möllemann sich krank meldete, schien es sicher, dass der Parteichef den aus dem Ruder gelaufenen einstigen Mentor, Antreiber und Mitverschwörer in mancher innerparteilichen Intrige wegen dessen offener Illoyalität niederringen könnte. Das hätte Westerwelle noch als Sieg verbuchen können, wenn auch als wenig ruhmreichen. Aber Möllemann ist nun aller Ämter ledig. Das macht ihn gefährlich frei. Jetzt kann Westerwelle mehr oder weniger nur noch abwarten, ob sich der Fall juristisch erledigt. Denn den einzig richtigen, den inhaltlichen Angriff auf Möllemann und dessen Spiel mit Antisemitismen und Israel-Feindlichkeit hat sich Westerwelle schon im Frühjahr selbst vergeben. Er hat sich im Gegenteil dem Verdacht der klammheimlichen Kumpanei ausgesetzt. Es gibt Fehler, die holen einen ein. Immer wieder.

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