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Geheimdienste warnen vor Terror: Trau, schau, wem

Amerikanische Geheimdienste und Interpol warnen vor Terroranschlägen von Al Qaida. Für Verschwörungstheoretiker ist die Sache klar, meint Malte Lehming: Das ist ein gigantisches Ablenkungs- und Rechtfertigungsmanöver.

Zum Wesen von Geheimdiensten gehört, dass sie ihre Dienste im Geheimen verrichten. Transparenz ist ihr natürlicher Feind. Ein gläserner Geheimdienst ist ein Widerspruch in sich. Deshalb herrscht, davon kann man ausgehen, eine gewisse Panik hinter den Türen der „National Security Agency“ (NSA) und auch des Bundesnachrichtendienstes (BND), seitdem durch Edward Snowden eine Ahnung vom Ausmaß entstanden ist, mit dem Daten gesammelt, ausgewertet und gespeichert werden. Was also liegt da näher als ein gigantisches Ablenkungs- und Rechtfertigungsmanöver?

Bereits am Freitag warnte die US-Regierung ihre Bürger vor Terrorangriffen von Al Qaida bis Ende August, vor allem im Nahen Osten und in Nordafrika. Die akute Gefahr sei konkreter als in früheren Fällen, hieß es, die Warnung beruhe auf abgefangener elektronischer Kommunikation zwischen Al-Qaida-Anführern. Einen Tag später stimmten Interpol und zahlreiche westliche Länder in den Alarm ein. Botschaften wurden geschlossen, im Weißen Haus traf man sich zum Krisentreffen.

Hätte es keinen Snowden gegeben, würden viele Menschen im Westen wohl gleichermaßen besorgt wie beruhigt reagiert haben: Verdammte Terroristen, wie gut, dass wir unsere Geheimdienste haben. Doch diesmal ist das anders. Hier ein paar durchaus repräsentative Kommentare zu der Meldung auf dem Internetportal der „Zeit“: „Irgendwie muss man ja die totale Überwachung verkaufen.“ – „Die Amerikaner reagieren auf den jüngsten Terror-Hype mit Sarkasmus.“ – „Ein unsichtbarer Feind ist der Traum jeder Rüstungsfirma. Politisch kann man nahezu alles mit dem Verweis auf Terroristen rechtfertigen.“ – „In Zeiten des langsam zunehmenden Protests bezüglich Ausspähungen durch die Geheimdienste muss dringend für mehr ,Begründung’ und Angst gesorgt werden. Fragt sich, was passiert, wenn die ,Terrordrohungen’ allein nicht mehr ausreichen!?“

Solche Aussagen zeugen nicht allein von Skepsis, sondern von Misstrauen. Das freilich hat Ursachen, die über die aktuelle NSA-Affäre hinausgehen. Unvergessen bleibt der Auftritt von Colin Powell am 7. Februar 2003 vor dem UN-Sicherheitsrat, der unter Berufung auf Geheimdienstquellen in einer großen Inszenierung die irakischen Massenvernichtungswaffen „nachwies“. Unvergessen der Bericht der US-Geheimdienste vom Februar 2007, in dem es hieß, der Iran habe sein Atomwaffenprogramm im Jahr 2003 eingestellt – was dann prompt aus Jerusalem und durch anschließende Geheimdienstberichte dementiert wurde. Irritierend bis heute die verschieden akzentuierten Geheimdienstberichte aus Amerika, Israel, Frankreich und Großbritannien über den Einsatz von Chemiewaffen in Syrien.

Wer Geheimdienste an sich für überflüssig hält, fühlt sich durch solche Blamagen bestätigt. Wer dagegen vom Glauben nicht abzubringen ist, dass die eigenen Geheimdienste das Leben sicherer machen, sorgt sich derzeit doppelt – über deren Unzulänglichkeiten und Skandale wie auch über ihren Imageverlust in der Öffentlichkeit.

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