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Gernot Erler, Staatsminister: "Keine Partei darf dominieren"

Bisher hat Deutschland nur seine Polizeiverfassung als demokratischen Exportartikel angeboten. So geschehen in Afghanistan, Irak und anderen gescheiterten Staaten.

Bisher hat Deutschland nur seine Polizeiverfassung als demokratischen Exportartikel angeboten. So geschehen in Afghanistan, Irak und anderen gescheiterten Staaten. Dass nun ausgerechnet die große Koalition ein demokratischer Meilenstein und geeignet für den Export sein könnte, das weiß die Welt erst seit dieser Woche. Der Chefvermittler in der kenianischen Nachwahlkrise, Kofi Annan, hatte den deutschen Außenminister um Hilfe gebeten. Er bekam den 63-jährigen Staatsminister im Auswärtigen Amt und Freiburger Bundestagsabgeordneten Gernot Erler. Der frühere UN-Generalsekretär Annan sucht seit mehr als drei Wochen eine Zauberformel, um die politische Krise in Kenia zu lösen.

Mindestens 1000 Menschen wurden bei den Unruhen nach dem Wahlbetrug des Präsidenten Mwai Kibaki getötet, nach UN- Schätzungen wurden 600 000 Menschen aus ihren Häusern vertrieben, die Hälfte davon vegetiert in improvisierten Camps, Kirchen oder auf Polizeistationen.

Annan hofft, dass am Ende der Verhandlungen eine Machtteilung zwischen dem Regierungslager und der Opposition um Raila Odinga gefunden wird, der Kibaki vorwirft, ihm den Wahlsieg gestohlen zu haben. Von Dienstag bis Donnerstag hatten die Verhandlungsdelegationen auf Annans Wunsch weit weg von Nairobi in einem eleganten Safari-Club im Tsavo-Nationalpark getagt. Erler berichtete den verfeindeten Politikern von den deutschen Erfahrungen. Der „Eastafrican Standard“ zitiert ihn mit der Feststellung: „Alle Entscheidungen werden im Konsens getroffen.“ Und weiter: „Es geht nicht um Zuneigung, sondern um Pragmatismus.“ Im Übrigen seien „Erfolg und Nachhaltigkeit wichtig“.

Ob Erlers Referat den Weg zur Friedensformel geebnet hat, dürfte sich kommende Woche zeigen, wenn es um die Details der Machtteilung geht. Die Meinungen des Kibaki-Lagers und des Odinga-Lagers sind trotz der Zusage, innerhalb eines Jahres eine neue Verfassung zu schreiben, noch sehr weit auseinander. Odinga verlangt die Schaffung eines Premierministers, der Regierungschef sein soll, während der Präsident repräsentiert, zugleich aber Chef der Armee bleiben soll. Kibaki will aber Präsident und Regierungschef bleiben und alleine über das Kabinett entscheiden, während Odingas ODM verlangt, dass Kibaki keine Oppositionsminister feuern darf. Kibaki fordert, dass Odinga Oppositionsführer wird, und bietet ein paar Ministerposten sowie eine Neuwahl in zwei Jahren. Dagmar Dehmer

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