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Gipfeltreffen der G 8: Die Zombies von Deauville

Nun also Nordafrika. 40 Milliarden Dollar sollen über internationale Förderbanken in die Aufbruchregion fließen, haben die G 8 versprochen. Doch mit Versprechen der G 8 hat Afrika so seine Erfahrungen.

Nun also Nordafrika. 40 Milliarden Dollar sollen in die Aufbruchregion fließen, haben die G 8 versprochen. Doch mit Versprechen der G 8 hat Afrika so seine Erfahrungen. Die Milliardenzusagen des Gleneagles-Gipfels für die ärmsten Regionen des ärmsten Kontinents sind bis heute nicht erfüllt. Ägypten und Tunesien sollten nicht zu sehr jubeln. Das Geld dürfte im Laufe der Zeit – nicht zuletzt auf Rechenwegen – schrumpfen.

Gleneagles 2005 war der Höhepunkt der G 8, Deauville in dieser Woche ist der Tiefpunkt. Vor sechs Jahren setzte Tony Blair Armut und Klimawandel auf die Agenda des Treffens im schottischen Hochland, begleitet von weltumspannenden Popkonzerten. Es war ein Moment der Hoffnung. Doch seitdem hat sich viel geändert. Die Finanzkrise und die folgende Rezession haben den Wandel des weltwirtschaftlichen Gefüges beschleunigt. USA, Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Kanada und Italien: Das war einst der Klub der reichsten Industrienationen der Welt, sieben an der Zahl plus Russland, wenn auch bis heute ohne volle Mitgliedsrechte. Doch inzwischen sind die G 8 vor allem der Klub der größten Schuldner – das birgt wenig Raum für Machtansprüche.

Zombies haben das malerische Strandbad Deauville heimgesucht. Die G 8 haben keine Existenzberechtigung mehr, aber sie wollen nicht sterben. Eigentlich haben sie sich schon vor drei Jahren überflüssig gemacht, als die Lehman-Bank pleiteging und sie im Augenblick der Not China & Co. zur Hilfe riefen. Auch die großen Schwellenländer sollten den Kapitalismus retten, lautete die Lösung, und sie funktionierte, jedenfalls einigermaßen, bis auf Weiteres.

Die Untoten treffen sich trotzdem weiter. Das Gipfeltreffen begann auch diesmal mit dem Arbeitsessen der Staats- und Regierungschefs, bei dem alles durchgehechelt und abgehakt wurde, und endete mit dem Abschlusskommuniqué, das schon lange feststand. Sein Inhalt birgt kaum eine Überraschung, und bindend ist sowieso nichts. Sicherheitschecks aller Atomkraftwerke der Welt? Gut und schön – aber wer sie vornimmt, welche Kriterien angelegt werden und was daraus folgt, sind die zentralen, unbeantworteten Fragen. Um dem Ganzen etwas Leben einzuhauchen, hatte man Facebook-Chef Mark Zuckerberg eingeladen.

Nun lässt sich im Prinzip nichts dagegen sagen, wenn Staatenlenker zusammenkommen, um über dies und das zu plauschen. Etwas weniger Gipfelzirkus, gar eine Rückkehr zu den Kamingesprächen ohne Agenda wäre sicher von Nutzen. Aber die weltpolitische Bedeutung bliebe dennoch begrenzt. Die Überschuldung privater und öffentlicher Haushalte in den USA und Europa ist das Symptom einer globalen Umverteilung. Da hilft kein Überziehungskredit. Die G-8-Staaten haben nur noch zwei Möglichkeiten: Entweder leben sie mit weniger Wohlstand. Das kann heißen: höheres Rentenalter, weniger Sozialtransfers, weniger Infrastruktur. Oder sie versuchen, überproportional hohes Wachstum zu erzielen, damit sie ihr jeweiliges Wohlstandsniveau halten. Die Zombies von Deauville werden also gegeneinander kämpfen.

Es mutet fast schon ironisch an, dass der nächste G-8-Gipfel 2012 in den USA, beim allergrößten Schuldner, stattfindet. Das Kommuniqué von Deauville greift bereits vor: „Die Vereinigten Staaten werden einen klaren und glaubwürdigen Rahmen zur mittelfristigen Haushaltskonsolidierung schaffen.“ Auf noch ein Versprechen kommt es eben auch nicht mehr an.

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