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Google: Ein Gigant, leicht gefesselt

Die automatische Vervollständigung von Suchbegriffen ist sinnvoll. Der Schutz von Persönlichkeitsrechten aber auch.

Die Welt ist eine Google, das lernen schon Kinder. „Suchmaschine“ lautet der Gattungsbegriff noch immer, ein Wort aus der Internetsteinzeit, doch natürlich ist Google in der Zwischenzeit zu Größerem herangewachsen. Google ist ein Kommunikationsgigant. Und Giganten sind, im Guten wie im Schlechten, zu allem fähig.

Der Bundesgerichtshof hat das Unternehmen nun daran erinnert, dass es seine Verantwortung kennen muss. Das war überfällig. Mit seiner „Autocomplete“-Funktion hatte Google sein Erfolgsprinzip ausgebaut. Wer suchte, der fand nicht nur, was alle fanden. Sondern er fand zudem, was er dazu noch suchen sollte, weil alle es suchten. So wurde die Maschine zu einem Instrument der Kolportage. Eine effektivere Form für die Verbreitung von Gerüchten dürfte es in der Weltgeschichte der Information noch nicht gegeben haben.

Die automatische Vervollständigung von Suchbegriffen bleibt eine sinnvolle Funktion. Trotzdem muss sie im Sinne der Persönlichkeitsrechte eingeschränkt werden können. Die Bundesrichter haben dafür einen akzeptablen Weg gefunden, eine Art Widerspruchslösung. Das Unternehmen muss nicht alles vorab kontrollieren, aber später geltend gemachte Rechte Betroffener respektieren. Eigentlich ist das selbstverständlich. Doch Google berief sich einmal mehr auf seine Algorithmen als göttergleiche Macht: Wir können nicht anders, wir sind Unterworfene. „Autocomplete“ behaupte nichts, sondern gebe bloß wieder, was andere suchten.

Tragisch, dass diese lebensfremde Sicht zunächst von einigen Gerichten mitgetragen wurde. Denn natürlich können auch scheinbar unzusammenhängende Worte eine Aussage enthalten, „Bettina Wulff“ und „Prostituierte“ ist da nur ein Beispiel von vielen. Und „suchen“ ist im Internet gleichbedeutend mit „laut denken“ oder „öffentlich sagen“. Entsprechend muss der Ehrschutz eine Rolle spielen. Vielen Politikern und Prominenten dürften die mit ihren Namen ausgeworfenen Suchvorschläge egal sein. Peter Altmaier sein „Gewicht“, Guido Westerwelle seine „Akne“ und bei Angela Merkel der Hinweis auf „FKK“. Aber entsprechend dem Verlauf öffentlicher Debatten kann es unerfreulich werden. Von den vielen Klagen, die das Ehepaar Wulff über und gegen die Medien anstimmt, ist diese von Frau Bettina eine berechtigte. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs hat sie nun gute Aussichten.

Erledigt ist das Thema nicht. Es bleibt ein großes Fragezeichen, wie im Internet mit falschen – oder überholten – Aussagen umzugehen ist. Bettina Wulff wäre wohl am liebsten, wenn dieser Teil der Affäre vergessen würde. Dafür aber gibt es keine Google-Funktion.

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