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Meinung: Große Koalition ganz klein

Von Matthias Meisner

Davon kann jeder Politiker träumen – doch gegönnt wurde das Erlebnis einem in Sachsen. Mit 120 von 152 abgegebenen Stimmen wurde der CDUKandidat ins Amt des Ministerpräsidenten gewählt, das reichte weit über den Rahmen der eigenen Mannschaft hinaus. 1990 war das, der Bewerber hieß Kurt Biedenkopf. Der sprach damals dann auch gleich von der Suche nach konsensfähigen Entscheidungen, bevor alle fröhlich vereint am Buffet des Landtagspräsidenten schmausten.

Am Mittwoch in Dresden hatte Biedenkopfs Nachfolger Georg Milbradt nichts zu lachen. Und er musste sogar kurz überlegen, ob er die Wahl annehmen sollte, die er im zweiten Anlauf geschafft hatte, knapp. Das Debakel gibt dem CDU-Politiker einen Vorgeschmack auf die Unruhe, die ihn beim Regieren in Dresden künftig erwartet. Noch lange nicht haben sich seine Leute daran gewöhnt, die Macht teilen zu müssen. Dazu noch teilen zu müssen mit der SPD, die doch eigentlich verortet schien – im Jammertal. Nein, große Koalition, diesen Namen verdient das Bündnis aus CDU und SPD nicht, das nicht einmal alle eigenen Abgeordneten hinter sich hat. Die Opposition spottete bereits über einen Regierungschef, der künftig wohl mit wechselnden Mehrheiten regieren müsse. Und von fern mag Biedenkopf sich bestätigt gefühlt haben. Mit seinem Nachfolger, den er 2001 als Finanzminister gefeuert hatte, hat er sich nie ausgesöhnt. Zum Volkstribun, der er selbst in seinen besten Zeiten war, würde Milbradt nie werden, das ahnte Biedenkopf. Eine nicht unerhebliche Zahl von Nörglern in der Sachsen-Union hat sich diese Position zu Eigen gemacht.

Der Wähler hat die SPD klein gehalten, ihr nicht mal ein zweistelliges Ergebnis gegönnt. Doch es reicht für eine neue Wirklichkeit in Dresden: für ein Ende der bayerischen Verhältnisse, und das wohl ein für alle Mal. Milbradt muss spätestens jetzt wissen, dass seine Widersacher nicht mit offenem Visier kämpfen. Dass sie vor allem im Hintergrund über seinen drögen Stil lästern und am liebsten bei geheimen Abstimmungen Dampf ablassen. Dass der von der NPD nominierte Gegenkandidat Milbradts zwei Stimmen mehr erhielt, als die NPD Abgeordnete hat, zeigt, dass so mancher Kritiker des CDU-Regierungschefs vor nichts halt macht. Noch gibt es zu Milbradt keine Alternative. Aber glänzen wird er nach dem Fehlstart so schnell auch nicht mehr.

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