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EU-Parlamentschef Martin Schulz und der Aachener Bürgermeister Marcel Philipp.

© AFP

Großer Europäer, kleines Europa: Martin Schulz hätte den Karlspreis nicht annehmen sollen!

Bei der Verleihung des Karlspreises in Aachen feiert das europäische Establishment sich - und Martin Schulz. Der hätte den Preis besser abgelehnt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Moritz Schuller

Martin Schulz ist nun ein großer Europäer. Er hat den Karlspreis verliehen bekommen.

Vor einigen Jahren erhielt Valéry Giscard D’Estaing diesen Preis für den unter seiner Leitung erarbeiteten Entwurf einer „Europäischen Verfassung“. Dass diese Verfassung in einer Abstimmung von den Franzosen und Niederländern krachend abgelehnt wurde, spielte offenbar keine Rolle. Die da abgestimmt haben, waren offenbar keine großen Europäer.

Die Krise ist überwunden

2002 wurde der Karlspreis an den Euro verliehen, ein paar Jahre darauf an den damaligen Chef der EZB, Jean-Claude Trichet, „in Würdigung seiner herausragenden Verdienste um den Zusammenhalt der Währungsunion“. Dass diese Währungsunion inzwischen nur mit ökonomisch untragbaren Maßnahmen und politischen Erpressungen zusammengehalten werden kann, dass der Euro in dieser Konstruktion heute eine große Belastung für die wirtschaftliche Entwicklung Europas ist, ist für die Preisvergabe unerheblich. Auch Tony Blair ist Karlspreisträger. Blair hat vor vielen Jahren eine eindrucksvolle Rede im Europa- Parlament gehalten, in der er sich verbal sehr um Europa verdient gemacht hat. Doch zu seinem Erbe als Labour-Premier gehören ein national radikalisiertes Schottland und ein von Europa wegtreibendes Großbritannien.

Angela Merkel bekam den Preis 2008 für ihren herausragenden Beitrag „zur Überwindung der Krise der EU“. Damals war die Krise also bereits überwunden.

Nur dass der König von Spanien den Preis erhalten hat, bleibt auch im Nachhinein überzeugend. Die Tiere, die Juan Carlos auf einer Safari abgeschossen hat, während sein Land unter einer schweren Wirtschaftskrise litt, waren schließlich afrikanisch und nicht europäisch.

"Macht damit Schluss!"

Martin Schulz hat eine europäische Karriere gemacht, indem er immer so getan hat, als ob er etwas anderes machen wollte als die anderen. Vor einem Jahr sagte er auf dem SPD-Parteitag zur Niedrigzinspolitik der EZB: „Wenn ich Kommissionspräsident werde, werde ich den Chef der EZB bitten: ,Macht damit Schluss!’“ Als einfacher EU-Parlamentschef kann man sich zu dem Thema wohl nicht mehr äußern. Umgekehrt kritisierte Schulz die versammelten Politiker in Aachen dafür, „die Europäische Union schlecht zu reden“. Dass er das gerade erst selbst in einem Interview getan hat – egal.

Bei der Europawahl, sagte Schulz damals, „geht es darum, ob wir einfach so weiter machen wie bisher. Oder ob wir Europa verändern und ein anderes Europa schaffen“. Wenn Schulz es ernst meinte mit all seinen Sprüchen über Legitimationsdefizite und die Nähe zu den Bürgen, dann hätte er den Karlspreis abgelehnt, weil er noch nicht sehr weit gekommen sei mit dem anderen Europa. Er hätte mit der Begründung abgesagt, dass der Zustand der Union im Moment nicht preiswürdig sei, und er selbst noch nicht genug getan habe, um den Preis zu verdienen. Er wäre stattdessen nach Brüssel gefahren und hätte einen Untersuchungsausschuss ins Leben gerufen, um endlich einmal die politischen Entscheidungen, die zur Einführung des Euro geführt haben, zu überprüfen.

Doch Martin Schulz hat lieber den Karlspreis angenommen und sich mit all denjenigen in eine Reihe gestellt, die für die gegenwärtige Krise Europas mitverantwortlich sind. Er ist jetzt wie all die anderen, ein großer Europäer. Europa wird so immer kleiner.

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