zum Hauptinhalt

Guantanamo-Häftlinge: Palau statt München

Im Gezerre um die Guantanamo-Inhaftierten blamiert sich Deutschland. Mit der Option Palau zeigt Obama: Wir haben Alternativen, wenn ihr euch so sperrig zeigt. Insgesamt freilich geben auch die USA ein trauriges Bild ab.

Es steht nicht gut um die Auflösung des Lagers Guantanamo. Weder das sachliche noch das politische Projekt macht so recht Fortschritte. Die Lösung, die sich für die Uiguren abzeichnet – Palau statt München –, ist symptomatisch. Sie ist peinlich für Deutschland und peinlich für die USA. Sie verstärkt den Eindruck, das Problem solle nicht gelöst, sondern abgeschoben werden.

Barack Obama verband mit der Schließung zwei Ziele: Er wollte einen rechtlich unhaltbaren und für die USA schädlichen Zustand beenden. Und zudem wollte er die Debatte nutzen, damit die Amerikaner sich eingestehen, dass da über Jahre Unrecht geschah.

Die Hilfe, die enge Verbündete wie Deutschland leisten könnten, hat ebenfalls eine doppelte Dimension. Guantanamo belastet den Ruf des gesamten Westens und erhöht das Risiko für Auslandseinsätze, auch die der Bundeswehr. Das Lager abzulehnen, ist daher leicht. Schwieriger ist es, einen alternativen Umgang mit potenziellen Terroristen zu finden, der deren Rechte anerkennt – und die eigenen Bürger schützt. Zwischen den Völkerrechtsexperten der US-Regierung und der Bundesregierung ist unbestritten, dass unter den Guantanamo-Insassen Leute sind, die man weder vor Strafgerichten aburteilen noch freilassen kann.

Je konkreter der Dialog um einzelne Häftlinge und verschiedene Gefangenengruppen wurde, desto ernsthafter hätte er geführt werden müssen. Im Fall der Uiguren geschah das Gegenteil. Deutschland steht düpiert hat. Mit der Option Palau zeigt Obama: Wir haben Alternativen, wenn ihr euch so sperrig zeigt. Es war richtig, die Bedingung zu stellen, dass die USA selbst Guantanamo-Gefangene aufnehmen sollen, wenn sie das von Verbündeten wünschen. Aber Deutschland hat den Eindruck gefördert, die Frage werde parteipolitisch instrumentalisiert: Der SPD-Außenminister war frühzeitig für die Aufnahme der Uiguren, ohne Rückendeckung im Kabinett zu haben; der CDU-Innenminister äußerte Bedenken. Das verstärkt den Ruf in den USA, es sei schwer, mit Deutschland rasch zu pragmatischen Lösungen zu kommen.

Die USA geben freilich ein noch traurigeres Bild ab. Der Kongress und die Bevölkerung verweigern Obama die Aufarbeitung. Eine Mehrheit möchte zwar Guantanamo schließen – aber nicht, um es besser zu machen. Sondern damit das Problem irgendwie verschwindet. Die allgemeine Stimmung unter den Bürgern ist diese: bloß keine Uiguren in mein Viertel, bloß keine Prozesse vor regulären Strafgerichten in meiner Stadt, bloß keine Unterbringung von verurteilten Terroristen in einem Gefängnis in meiner Nähe.

Wenn das so weitergeht, werden Freizulassende auf Inseln im Pazifik oder sonstwo abgeschoben. Und für die, die hinter Gittern bleiben sollen, baut man anderswo außerhalb der USA ein neues Gefängnis. Das hieße dann nicht mehr Guantanamo. Doch am System hätte sich wenig geändert.

Zur Startseite