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Meinung: Gut gestrichelt

Anmerkungen aus dem Inneren der Kultusministerkonferenz Von Hanna-renate Laurin

KMK – KultusMinister-Konferenz – heißt das: Komm, meckere kräftig? Da will ich gegenhalten! Eine der Stärken des deutschen Bildungssystems ist die gegenseitige Anerkennung der Abschlusszeugnisse aller Länder. Das zwingt – in den möglichen Maßen – zur inhaltlichen Vergleichbarkeit. Es war die KMK, die unter großem Einsatz der Fachbeamten die Bedingungen für den Abschluss nach dem 10. Schuljahr durchsetzte. Voraussetzung: Kompetente Mitarbeiter, hörfähige Minister. Die gibt es auch heute!

Als in einigen Bundesländern die Schüler Deutsch, Mathematik und die Fremdsprache schon ein oder zwei Jahre vor dem Abitur „abschließen“, abwählen, konnten, erstritt die KMK inhaltliche Abiturmaßstäbe. Die Kultusminister wussten: Allein sind sie ziemlich machtlos. „Verbunden sind die Schwachen mächtig.“ Und sie wissen sogar, dass das ein Zitat aus „Wilhelm Tell“ ist! Nur in einem Contra, das doch ein Miteinander einschloss, haben wir die Attacke auf die Hochsprache (Hessische Rahmenrichtlinien) überstanden. Als ich in einer Versammlung in Frankfurt am Main erklärte, der Bewerber, der Mörike zitiere: „Ich bin von deinem Anschaun ganz beglückt!“, habe mehr Chancen als der, der sage: „Wenn ich deine Hände fasse, sag’ ich Klasse!“, stand der „Gegner“, Minister von Friedeburg, auf und verneigte sich versöhnlich.

Als es um und die Darstellung der Zonengrenze in den Schulatlanten ging, fanden der NRW-Minister Girgenson und ich zwischen „Grenze“ (das wollte die SPD) und „schwach gepunktete Linie“ (Position der CDU) die Lösung: „gestrichelt“.

Uns war immer bewusst, und das gilt heute noch viel mehr: Wenn wir uns nicht einigen, greift der Bund zu. Dann hätten wir heute, damaligen Machtverhältnissen entsprechend, in Deutschland nur Gesamthochschulen.

Der Zwang zur Einstimmigkeit ist nicht das schlechteste, aber, zugegeben, ein schleppendes Verbindungsmittel. Wenn wir Ende der 70er Jahre Verbesserungen beschlossen, die das zu jener Zeit bestens ausgestattete Berlin schon hatte, empfahlen wir Senator Walter Rasch, doch während der Abstimmung auf den Flur zu gehen. So konnte er später dem Abgeordnetenhaus berichten, er habe den Berliner Standard bewahrt. Auch heute gibt es hervorragende Beispiele des Miteinander nach hartem Ringen, so etwa die Standards für das Deutsch-Abitur.

Ich empfehle den Kultusministern, die „Fachkonflikte“, die die Bürgerinnen und Bürger durchaus interessieren, öffentlich auszutragen. Warum deutsche und europäische Literatur? Nur „Lernwissen“ nach Pisa oder auch schöpferische Fächer und Fähigkeiten? Rechtschreibung – ein Disziplinierungsinstrument oder Verständnishilfe für den Lesenden? Gottlob – auch hier ist dank der KMK die Kleinschreibung diesmal abgewehrt. Was glaubt Fritz (SPD) denn, wenn Hulda ihm vom SPD-Parteitag schreibt: „ich habe hier liebe genossen“? Toller Parteitag oder Ehe kaputt? KMK heißt eben auch: Kultusminister machen klar!

Die spätere Berliner Senatorin Hanna-Renate Laurien (CDU) war von 1976 bis 1981 Kultusministerin in Rheinland-Pfalz und 1981 Präsidentin der KMK.

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