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Guy Verhofstadt: „In Belgien muss sich einiges ändern“

Der alte und neue Premierminister bleibt der beliebteste Politiker des Landes.

Er hat es noch einmal geschafft. Zum dritten Mal wird der flämische Liberale Guy Verhofstadt als Premierminister Belgiens vereidigt. Zwar ist er diesmal nur Chef einer Übergangsregierung, aber nach seiner Wahlniederlage im Juni hatte auch damit kaum noch jemand gerechnet.

Doch Verhofstadt ist hartnäckig und vor allem weitgehend unumstritten im belgischen Königreich. Längst ist er wieder der beliebteste Politiker des Landes, er hat sich in seiner Karriere keine großen Fauxpas erlaubt, war immer loyal, hat sich nie zu sehr auf die flämische oder die frankophone Seite geschlagen. Verhofstadt blickt auf eine Bilderbuchkarriere zurück: Schon mit 30 Jahr wurde er Chef seiner liberalen Partei. Seit 1999 ist er Premierminister und hat seitdem zahlreiche Reformen durchgeboxt. Der belgische Haushalt zum Beispiel ist seit Jahren ausgeglichen.

Auch auf der europäischen Bühne ist Verhofstadt ein engagierter Regierungschef. So war er etwa einer der Geburtshelfer der Erklärung von Laeken, in der das Scheitern von Nizza eingeräumt und der Startschuss für den Verfassungskonvent gegeben wurde. Und obwohl er 2004 als Kandidat für den Posten des Kommissionspräsidenten gegen den Portugiesen Jose Manuel Barroso verlor, hat der Flame seine Motivation für die europäische Politik nie verloren. Im vergangenen Jahr etwa veröffentlichte er sein Buch „Die Vereinigten Staaten von Europa“, in dem er sich klar für mehr Integration innerhalb der EU ausspricht.

Doch zunächst muss er sein eigenes Land aus der Krise führen. Der eigentliche Wahlsieger, der Christdemokrat Yves Leterme, war daran in den vergangenen sechs Monaten gescheitert. Ihm gelang es nicht, frankophone und flämische Parteien auf ein Regierungskonzept festzulegen. Verhofstadt hat nun zumindest erreicht, dass das Land wieder regiert wird – und zwar von ihm, unterstützt durch eine breite Mehrheit im Parlament.

Schon als ihm der König diese Aufgabe übertragen hatte, gab Verhofstadt sich zurückhaltend. Er habe lange gezögert, die Mission anzunehmen, erklärte er damals der Presse. Schließlich habe er die Wahlniederlage seiner Partei mitzuverantworten. Und auch jetzt lächelt der Flame nur selten in die Kameras. Zumindest nach außen gibt er sich devot. Aber – wer weiß – vielleicht liebäugelt er ja doch damit, dass sein Mandat auch im kommenden Frühjahr, wenn die Übergangsregierung abtreten muss, noch ein weiteres Mal verlängert wird. Ruth Reichstein

Ruth Reichstein

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