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Haftungsregel: EU sollte über Pleitebanken entscheiden, nicht der Nationalstaat

Die Finanzkrise hat gezeigt: Es muss möglich sein, dass Banken pleitegehen können. Denn Europa wird sich von einer Politik verabschieden müssen, die Gewinne privatisiert, aber Verluste vergemeinschaftet hat. Über deren Abwicklung sollte die EU entscheiden.

Von Carla Neuhaus

Zu groß. Zu mächtig. Zu vernetzt. In den vergangenen fünf Jahren mussten die Europäer auf schmerzhafte Weise lernen, wie abhängig sie von den Banken sind. Ohne sie erhalten Firmen keine Kredite, bekommen Verbraucher keine Zinsen auf ihr Erspartes. Ohne sie funktioniert eine Volkswirtschaft schlichtweg nicht – ohne klare Regeln für Banken allerdings auch nicht.

Um einen Zusammenbruch des Finanzsystems zu verhindern, haben die Staaten zuletzt mehrere Milliarden Euro in den Finanzsektor gepumpt. Ein gefährliches Manöver. Denn mit ihren Zahlungen hat die Politik den Banken signalisiert: Wenn es hart auf hart kommt, retten wir euch. Für die Institute war das bequem, sie konnten sich auf ihrer Macht und Größe ausruhen. Das kann aber nicht so weitergehen. Europa wird sich von einer Politik verabschieden müssen, die Gewinne privatisiert, aber Verluste vergemeinschaftet hat.

Deshalb ist der Vorschlag, den EU-Kommissar Michel Barnier am Mittwoch unterbreitet hat, nur logisch und richtig. Barnier will auf europäischer Ebene ein Gremium schaffen, das darüber entscheiden soll, ob eine marode Bank abgewickelt wird. Und er will einen Fonds einrichten, mit dem die Institute selbst an der Rettung strauchelnder Banken beteiligt werden.

Nur wenn Banken füreinander haften und damit selbst für ihre Fehler geradestehen müssen, werden sie in Zukunft vorsichtiger mit dem Geld der Sparer umgehen. Allerdings dauert es Jahre, bis ein solcher Fonds ausreichend gefüllt ist. Deshalb wird nicht nur eine Regelung für die ferne, sondern auch für die nahe Zukunft gebraucht. Denkbar ist zum Beispiel, dass Banken – solange es den Abwicklungsfonds noch nicht gibt– sich im Falle einer Pleite untereinander Geld zuschießen müssen. Schließlich ist schon jetzt zu viel Steuergeld in die Rettung von angeschlagenen Instituten geflossen.

Richtig ist auch, dass Banken in Zukunft nur dann am Leben gehalten werden sollen, wenn sie lebensfähig sind. Ist das nicht der Fall, sollen nach Ansicht von Barnier Vertreter der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank und der betroffenen nationalen Aufseher die Abwicklung der Bank vorbereiten. Die endgültige Entscheidung soll die EU-Kommission fällen.

Das ist nur die logische Konsequenz aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre. Umso erstaunlicher wirkt es, dass gerade aus Deutschland Kritik an Barniers Vorstoß kommt. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, nach deutscher Rechtsauffassung überschreite die Brüsseler Behörde mit dem Vorhaben ihre Kompetenzen. Finanzminister Wolfgang Schäuble erwägt womöglich gar eine Klage gegen den Plan beim Europäischen Gerichtshof. Schäuble will zunächst lieber nationale Behörden entscheiden lassen, welche Bank abgewickelt wird.

Dabei wäre das ein Rückschritt. Eine Bank, die europaweit aktiv ist, muss auch auf europäischer Ebene reguliert werden. Und dazu gehört nun mal, dass die Entscheidung, ob sie im Fall des Falles abgewickelt wird, auf europäischer Ebene fällt. Seit Monaten basteln die Staaten an dieser Bankenunion. Wirkung wird sie nur zeigen, wenn die Staaten bereit sind, nationale Kompetenzen abzugeben.

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