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Meinung: Hahnenkorb mit Dame

Merz attackiert Merkel. Dahinter steckt keine politische Strategie, sondern Eitelkeit

Geben wir gleich alle Hoffnung auf, hinter dem öffentlichen Ausbruch Friedrich Merz’ gegen seine Partei- und Fraktionschefin politisches Kalkül zu entdecken. Da hat einer einfach den Kropf geleert – und unvorsichtigerweise noch einmal darauf aufmerksam gemacht, dass Angela Merkel eine ziemlich gute Ingenieurin der Macht ist: Wochenlang vor der Wahl schon habe sie seine Entmachtung in der Fraktion betrieben, jammert Merz, sich mit allen Landesvorsitzenden abgesprochen und ihn am Wahlabend vor vollendete Tatsachen gestellt.

Nun gehören Sticheleien gegen Angela Merkel unter den Granden der Union zwar zum guten schlechten Ton, mit diesem Frontalangriff allerdings dürfte Merz eher sich selbst schaden als der Chefin. Ausgerechnet der Superminister der Unionsfraktion, verantwortlich für die strategisch wichtigsten Felder Wirtschaft und Arbeit, gibt den Entrechteten und Beleidigten und macht Merkel ein Machtbewusstsein zum Vorwurf, das idealerweise zur Grundausstattung von Parteichefs gehört. Klug ist das nicht, und die emotionale Energie des Ausbruchs lässt einen um die Opposition fürchten: Wo so viel Wut ist, wird da auch noch gearbeitet?

Auch die, die keine Wut im Bauch haben, haben schließlich noch immer eine Menge Vorbehalte gegen die Frau an der Parteispitze. Die Reaktionen auf Merz zeigen es: Nun gut, der Zeitpunkt sei nicht gut gewählt, aber man könne ihn verstehen, heißt es. Das Modell „Starker Mann“, für das die Wähler am 22. September nicht genug Begeisterung aufbrachten, will in der Union einfach nicht aus der Mode kommen. Nachdem Stoiber gescheitert ist, für den wichtige Teile der Führungsriege Merkel zum Verzicht auf die Kanzlerkandidatur zwangen, hoffen sie nun auf die Neuauflage mit dem nächsten „Starken“, mit Roland Koch. Die Wähler, die man doch überzeugen will, sind da schon weiter: Sie geben der Oppositionsführerin bessere Noten als dem Ex-Kandidaten. Eine Direktwahl würde Merkel gegen Schröder gewinnen – Stoiber nicht.

Ein beliebtes Versatzstück im Politsprech lautet, man wolle über Sachfragen statt über Personen reden. Dabei wissen alle, dass sich das selten trennen lässt. Für die CDU heißt das: Wenn sie zur Sache kommen will, muss sie die Person an ihrer Spitze nicht nur regelmäßig wiederwählen, sondern sie endlich akzeptieren. Die K-Frage stellt sich zum Glück ja erst in vier Jahren wieder.

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