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Hamid Karsai: In tausend und einer Not

Insgesamt 24 Minister hatte der afghanische Präsident vorgeschlagen, 17 davon wurden vom Parlament in Kabul abgelehnt - eine herbe Niederlage, die nichts Gutes verheißt.

Es gehört zur hohen Kunst der Politik, Niederlagen in Siege zu verwandeln. Nicht jedem gelingt das. Auch der afghanische Präsident Hamid Karsai wird die Tatsache, dass 17 seiner 24 Ministervorschläge im Kabuler Parlament durchgefallen sind, nicht im Nachhinein als Glücksfall werten können – weil er auf diese Weise einige üble Kriminelle und Kriegsverbrecher losgeworden ist. Mit den meisten der nun abgelehnten Kandidaten hatte er vor der Präsidentenwahl im vergangenen Jahr Bündnisse geschlossen, sich die Stimmen ihrer Gefolgschaft erkauft und dafür Regierungsposten versprochen. Ein Freundschaftspakt war dies zwar tatsächlich nicht, doch wenn er seine Zusagen nun nicht einhalten kann, ist das Stillhalteabkommen mit den Kriegsherren perdu.

Schwerer noch wiegt etwas anderes: In einer patriarchalischen Gesellschaft wie der afghanischen wird vom Präsidenten erwartet, dass er das Heft der Handelns in der Hand behält und sich durchsetzt. Die Vorstellung, dass Karsai das Parlament gar als Vollstrecker seiner eigentlichen Absichten benutzt haben könnte, wie jetzt zu vernehmen ist, entspringt wohl eher dem Wunschdenken westlicher Spindoktoren. Karsai selbst indes verfügt weder über Spindoktoren noch über Massenmedien, über die sich eine solche Botschaft transportieren ließe. Die Abstimmung im Parlament bleibt daher, was sie ist – eine herbe Niederlage für Karsai. Aus Sicht der Afghanen dürfte seine ohnehin angekratzte Autorität endgültig gegen null tendieren.

Damit hat auch die internationale Gemeinschaft ein Problem: Für die anstehende Afghanistankonferenz in London gibt es keinen ernst zu nehmenden afghanischen Verhandlungspartner. Ein Präsident ohne Ansehen und wirkliche Legitimität taugt dazu nicht. Wer über die Konferenz hinausdenkt, kann allerdings sehr wohl einen Sieg feiern, einen Sieg für die Demokratie in Afghanistan. Denn das Parlament hat an Autorität gewonnen.

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