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Wer hat eigentlich einen VIP-Zugang in den Bundestag?

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Hausausweise für Neonazis und Ex-RAF-Terrorist: Wer läuft eigentlich alles im Bundestag rum?

Neonazis und Ex-RAF-Terroristen in Bundestagsgebäuden? Das Parlament irritiert mit der Vergabe seiner Hausausweise. Ein Kommentar.

Wer läuft da eigentlich rum im Deutschen Bundestag? Seit ein paar Wochen wissen wir, welche Vertreter von Großkonzernen und Lobby-Agenturen einen VIP-Zutritt hatten, schon länger ist bekannt, dass sich auch ein verurteilter Volksverhetzer wie der frühere NPD-Chef Udo Voigt als EU- Abgeordneter zu den "Happy Few" zählen darf. Nun will sich mit Voigts Kumpel Uwe Meenen noch ein weiterer Neonazi Zugang erklagen, während das Rechtsaußen-Blatt „Junge Freiheit“ meldet, ein anderer Straftäter sei längst drin, der Mehrfachmörder und frühere Linksterrorist Christian Klar.

Der Bundestagsverwaltung sind diese Themen unangenehm. Die Lobby-Listen verheimlichte sie, zu Straftätern im Parlament – oder als solchen Verdächtigten – ist sie alles andere als auskunftsfreudig, egal ob es sich um Abgeordnete handelt oder ihre Mitarbeiter. Hat der Ex-Terrorist Klar einen Hausausweis, wie ihn die Lobbyisten bekamen? Nein, heißt es von den Linken. Bisher abgelehnt. Darf der Extremist Meenen, der ihn sich erstreiten will, jetzt schon hinein?

Ein Türchen, durch das Neo-Nazis und Ex-Terroristen schlüpfen können

Im Prinzip ja. Denn die Geschäftsordnung des Hohen Hauses sieht in beiden Fällen einen Rechtsanspruch vor, ohne Wenn und Aber. Erst kürzlich hatte der Berliner Verfassungsgerichtshof anhand einer Klage des Ex-Piraten Christopher Lauer betont, wie wichtig Mitarbeiter für die Mandatserfüllung sind. Im Falle Meenens versuchen die Parlamentsjuristen es mit einem Kunstgriff und stellen dessen Zuverlässigkeit infrage. Warum? Weil er ein Neonazi ist? Und was gälte dann für den Reha-Kandidaten Klar, der eine andere Sorte Verbrecher ist als Meenen? Gut möglich, dass die Gerichte dem NPD-Funktionär ein Türchen öffnen, durch das auch Klar schlüpfen kann.

Den Parlamentariern und ihrer Verwaltung fehlt zuweilen der Kompass. So war es auch bei den Lobbyisten. Da musste erst der Bundestag verklagt werden und sein Präsident ein Machtwort sprechen, damit es mit den Firmenvertretern nicht mehr so weitergeht wie bisher. Unterhalb dieser Ebene verweigert man sich der Wirklichkeit. Die Bundestagsverwaltung hat es, trotz einschlägiger Gerichtsurteile, monatelang nicht geschafft, die Arbeit ihrer Wissenschaftlichen Dienste angemessen öffentlich zu machen. Anfragen wurde liegen gelassen oder mit Ausreden abgelehnt. Erst jetzt, nachdem sich tausende Anträge nach dem Informationsfreiheitsgesetz auf den Tischen türmten, kam man zur Besinnung und schafft eine Datenbank.

Was im Parlament geschieht, hat grundsätzlich öffentlich zu geschehen. Der Gedanke, Transparenz für öffentliche Stellen zu schaffen, ist im Rechtsstaats- und Demokratieprinzip angelegt. Ausgerechnet im Herzen einer jeden funktionierenden Demokratie, der Volksvertretung, tut man sich hier schwer damit. Dazu zählt auch, Anfragen der Presse erst nach Wochen oder Monaten zu beantworten. Statt in Sachen Transparenz voranzugehen, wie es sich angesichts ihrer Bedeutung gehören würde, hinkt die Großbehörde hinterher. Und agiert dann auch noch offenkundig in politischer Absicht, wie in den Fällen Meenen und Klar, statt die eigene Geschäftsordnung zu achten. Willkür oder Trägheit? Die Politik kann die Regeln ändern, wenn sie will. Aber die Verwaltung hat sich an sie zu halten.

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