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Präsident Obama wird in seiner zweiten Amtszeit stärker sparen müssen.

© dpa

Haushaltsstreit: Amerika muss jetzt das Sparen lernen

In den USA wurden in den vergangenen Jahren gerne auf Pump gelebt. Der Streit im Kongress führt jetzt dazu, dass zwangsweise gespart wird. Das wird der politischen Kultur dort gut tun.

Das Alarmgeschrei ist genauso schrill wie all die letzten Male: Amerika drohe ein ökonomisches Desaster, wenn der Staat die Ausgaben kürze oder Steuersätze erhöhe. Jenseits dieses Theaters für die Öffentlichkeit ist diesmal jedoch etwas Entscheidendes anders: Die beiden politischen Lager versuchen erst gar nicht, den „Sequester“ (das für den 1. März vereinbarte Sparpaket) durch einen Deal in letzter Minute abzuwenden. Das ist gut so. Viel größer als der Schaden durch ein bisschen Austerität wäre der Schaden, wenn die USA unbekümmert damit fortfahren würden, viel mehr Geld auszugeben, als sie einnehmen.

Amerika und Europa stehen buchhalterisch vor demselben Problem: Die öffentlichen Schulden haben ein gefährliches Ausmaß erreicht. Die Regierungen können das nicht länger ignorieren. Auch die Euro-Länder reagieren zu langsam auf ihre Fiskalkrise. Aber sie haben wenigstens begonnen, ihre Haushalte in Ordnung zu bringen.

Die USA können das noch nicht von sich sagen. Seit 2011 hat das Parlament zwar mehrfach Einschnitte beschlossen, sie aber immer wieder verschoben, wenn sie greifen sollten. Außerdem ist die Diskrepanz zwischen Einnahmen und Ausgaben größer als in der Euro-Zone. In den vergangenen Jahren hat Amerika rund 30 Prozent seiner Staatsausgaben über neue Schulden finanziert. Der Glaubenssatz lautete: Ohne Wachstum kein Ausweg aus der Schuldenkrise. Er war zugleich eine bequeme Ausrede. Es stimmt ja: Egal ob der Staat die Ausgaben kürzt oder die Steuersätze erhöht, um den Etat zu sanieren – der Volkswirtschaft wird Geld entzogen. Entsprechend sinkt die Wirtschaftsleistung und es vermindern sich wieder die Steuereinnahmen. „Wir können uns nicht aus der Krise heraussparen“, sagen viele Politiker.

Der umgekehrte Satz ist freilich genauso richtig: Man kann die Schuldenkrise nicht durch immer mehr neue Schulden meistern.

Kulturell stehen Amerika und Europa vor unterschiedlichen Herausforderungen. In Europa ist der Glaube an den Staat sowie seine Fähigkeit und Verantwortung, die Ungerechtigkeiten im menschlichen Leben auszugleichen, groß. In den USA dominiert im öffentlichen Diskurs die Behauptung, der Staat sei weitgehend überflüssig und zudem unfähig. Man preist gerne die Eigenverantwortung und die Segnungen der Privatwirtschaft. In der Realität haben sich auch die Amerikaner sehr gerne an staatliche Leistungen und Steuererleichterungen vom Hauskauf bis zur Gesundheitsversorgung gewöhnt. Das Umdenken, dass ein Staat, der helfen soll, auch Einnahmen braucht, ist noch nicht sehr verbreitet.

Amerikas Vorteil ist: Kürzungen bei den Staatsausgaben gelten nicht von vornherein als Tabu. Schwieriger wird es, Steuersätze zu erhöhen oder zumindest Abschreibungsmöglichkeiten einzuschränken. Der „Sequester“ kann zur Wendemarke werden. Sein Sparvolumen ist nicht groß. Aber er kann die öffentliche Debatte revolutionieren: Amerika geht nicht unter, wenn Haushaltsdisziplin erstmals als gleichwertiges Ziel neben den Fetisch Wachstum tritt.

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