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Hayrünnisa Gül: "Mein Kopftuch verhüllt nicht mein Gehirn"

Hayrünnisa Gül könnte die erste Präsidentengattin der Türkei mit Kopftuch werden.

Wie immer wussten Ankaras Klatschtanten früher Bescheid als die Politiker. Lange bevor der türkische Außenminister Abdullah Gül von seiner konservativen Partei AKP erneut zum Präsidentschaftskandidaten ernannt wurde, erzählte man sich in der Hauptstadt, Güls Frau Hayrünnisa habe Kontakt zu dem bekannten Modemacher Atil Kotoglu aufgenommen. Es ging offenbar um eine neue Ausstattung für die 42-Jährige, die bald neue Maßstäbe setzen könnte: als erste türkische First Lady mit Kopftuch.

Ihre islamische Kopfbedeckung ist einer der wichtigsten Gründe dafür, dass die Präsidentschaftskandidatur ihres Mannes so umstritten ist. Modemacher Kotoglu will Frau Gül neue Ideen präsentieren – womöglich auch für die Gestaltung des Kopftuchs. Erwünscht ist eine Verbindung von modischem Schick, religiösen Vorschriften und laizistischen Grundsätzen der türkischen Republik.

Dabei ist es Hayrünnisa Gül leid, immer nur nach ihrem Kopftuch beurteilt zu werden. „Mein Kopftuch verhüllt meinen Kopf, nicht mein Gehirn“, beschwerte sie sich einmal. Ihren Mann lernte sie bei einer Hochzeitsfeier in dessen zentralanatolischer Heimatstadt Kayseri kennen. Die damals erst 15-Jährige heiratete den 14 Jahre älteren Gül wenig später. Am kommenden Dienstag, einen Tag nach dem ersten Wahlgang der Präsidentenkür im Parlament, feiern die beiden ihren 27. Hochzeitstag.

Ihr streng gebundenes Kopftuch, das in der Türkei „türban“ genannt wird, will Frau Gül nicht als Zeichen der Unterordnung verstanden wissen. Sie sieht sich selbst als moderne Frau, die Wert auf einen säkulären Staat legt. Weil sie in ihrem eigenen Land jedoch wegen ihrer Kopfbedeckung nicht studieren durfte, zog sie vor den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof. Ihre Klage zog sie erst zurück, als ihr Mann in die Regierung aufstieg.

Das Kopftuch ist auch der Grund dafür, dass Hayrünnisa Gül in den vergangenen Jahren nicht jenen Ort besuchen durfte, der ihr neues Heim werden könnte: den Präsidentenpalast in Ankara. Der scheidende Staatschef Ahmet Necdet Sezer verbannte alle Kopftücher aus dem Palast und lud zu Staatsempfängen nur ohne Gattin ein.

Nun fragt sich die ganze Türkei, wie der Alltag an der Staatsspitze in der Ära des Ehepaares Gül aussehen wird. Modemacher Kotoglu erklärte, er habe mehrere „Optionen“ für die First Lady in spe. Wie diese aussehen sollen, wissen aber noch nicht einmal Ankaras Klatschtanten. Susanne Güsten

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