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Meinung: „Hier malst du nicht einfach was ab“

Für den Maler Christoph Wetzel war die Bildgestaltung in der Kuppel der Frauenkirche eine große Herausforderung. Es gab kaum historische Vorlagen, wie die biblischen Szenen vor der Zerstörung der Kirche im Februar 1945 ausgesehen hatten.

Für den Maler Christoph Wetzel war die Bildgestaltung in der Kuppel der Frauenkirche eine große Herausforderung. Es gab kaum historische Vorlagen, wie die biblischen Szenen vor der Zerstörung der Kirche im Februar 1945 ausgesehen hatten. Dennoch machte sich der Künstler ans Werk: Er vertiefte sich nicht nur in die Handwerkstechniken eines Barockmalers. Auch und gerade die geistlich-moralische Aussagekraft der dargestellten Evangelisten und Tugenden lag ihm am Herz.

Doch nun gibt es Ärger. Wetzel hat – wie jeder gut organisierte andere Künstler auch – die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst damit beauftragt, Urheberrechtsvergütungen für die Gemälde einzutreiben. Die Bilder seien neue Werke und keine Kopien, betont der Künstler. In diesem Fall werden Tantiemen fällig, wenn Fotos der Kunstwerke auf Postkarten, in Büchern oder Katalogen erscheinen.

Im Jubel des Wiederaufbaus hatte die Stiftung Frauenkirche diese Ansprüche aus den Augen verloren und ist nun um Schadensbegrenzung bemüht. Jetzt soll ein erprobtes Mittel die Lösung bringen: Ein Gespräch am runden Tisch, wie in den Wendezeiten von 1989 und 1990. Nur diesmal nicht mit Altkadern und Bürgerrechtlern, sondern mit Stiftung, Künstler und Verwertungsrechtlern.

Stress hatte die Stiftung Frauenkirche im Jahr eins nach der Weihe mehr als genug. Erst zog die sächsische Landeskirche den beliebten Pfarrer Stephan Fritz wegen dessen nicht mehr intakter Ehe ab. Dann lieferte sich ein Künstler namens Feuerstein, Schöpfer der Reliefs auf den Frauenkirchenglocken, einen bizarren Rechtsstreit mit einem Hotelier. Der hatte eine ausgemusterte Glocke gekauft und sie für Gäste in seinem Garten aufgestellt. Und auch in der evangelischen Kirche selbst regte sich Kritik. Der Luxus der Frauenkirche sei nicht der richtige Ort, um die Spendenkampagne „Brot für die Welt“ zu starten, hieß es.

Die Besucher stehen dennoch Schlange, um das prachtvolle Bauwerk zu besichtigen. Karten für Weihnachtskonzerte sind im Handumdrehen ausverkauft. Und eine gute Nachricht im Advent hat die Kirche auch noch auf Lager: Nicht nur Christus kommt in die Welt, sondern bald auch ein neuer Pfarrer für die Frauenkirche. Wer es wird, steht zwar noch nicht fest. Wenn der Streit Stiftung Frauenkirche vs. Maler Christoph Wetzel weitergehen sollte, kann der neue Pfarrer seine theologische Kompetenz gleich am runden Tisch unter Beweis stellen.

Leonhardt Krause

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