Hohe Staatsverschuldung: Abgaben- und Steuersenkungen sind Mumpitz
Eine Reduzierung der Rentenbeiträge ist ebenso wenig sinnvoll wie Steuersenkungen. Das wissen die Bürger - und der Schuldenstaat ist ihnen nicht geheuer.
Wir wollen unser Geld zurück! Dieser Ruf rollt durchs Land; es artikuliert sich das Selbstbewusstsein einer Bevölkerung, die die übelste Krise seit den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts bewältigt hat und nun Ansprüche stellt. Wir wollen unseren Anteil am Aufschwung: weniger Steuern und Abgaben!
Das ist natürlich alles Mumpitz. Das Volk schweigt. Weil die Leute wissen, wie es um die Staatsfinanzen und die Sozialkassen steht und ihnen der Schuldenstaat nicht geheuer ist. Wer plädiert denn außer ein paar Parteipopulisten für eine Senkung der Rentenbeiträge? Die Arbeitnehmervertreter jedenfalls nicht. Die avisierte Reduzierung des Beitrags im kommenden Jahr um ein paar Zehntelpunkte reicht für ein Eis im Monat, rechnet der DGB vor. Was soll das? Den Konsum ankurbeln?
Die deutsche Wirtschaft wächst das zweite Mal in Folge um mehr als drei Prozent. Im steigenden Konjunkturzyklus gibt es mehr Arbeitsplätze, höhere Steuern und Sozialabgaben respektive -einnahmen. Ja und? In diesem und in den kommenden Jahren nimmt allein der Bund noch immer im zweistelligen Milliardenbereich Kredite auf. Ganz zu schweigen von den klammen Ländern und Kommunen. Baden-Württemberg, das reichste Bundesland, hat kein Geld, um die Straßen zu sanieren. Steuersenkungen? Ein Blödsinn.
Aber was ist mit den Sozialkassen, der Renten-, Kranken-, Arbeitslosen und Pflegeversicherung? Rein rechtlich ist eine Kürzung des Beitrags zur Rentenversicherung geboten, wenn die Rücklagen ein bestimmtes Niveau überschreiten. Das wird in den kommenden zwei Jahren der Fall sein. Und wenn dann 2013 der Beitragssatz auf 19,2 Prozent sinkt – aktuell sind es 19,9 –, kommen schon einige Eisbecher zusammen. Sinn ergibt das trotzdem nicht, denn aus dem Aufschwung wird irgendwann ein Abschwung, die Einnahmen fallen wieder, der Beitragssatz steigt. Überhaupt verkraftet die Rentenversicherung die demografische Last nur mit Hilfe des Steuerzahlers: Mehr als 80 Milliarden Euro aus dem Haushalt der Arbeits- und Sozialministerin fließen jedes Jahr in die Rentenkasse. Sofern es Sparpotenzial gibt, sollte das hier realisiert werden.
Das für die Rente nicht benötigte Geld könnte Ursula von der Leyen für Langzeitarbeitslose ausgeben. Doch stattdessen kürzt sie der Bundesagentur für Arbeit aktuell die Mittel für Maßnahmen zur Integration von Hartz-IV-Empfängern in den Arbeitsmarkt um fast 20 Prozent. Den Sockel der Langzeitarbeitslosen trägt man so nicht ab. Und der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung von derzeit drei Prozent steht auch nicht zur Disposition. Das gilt genauso für Kranken- und Pflegeversicherung: Aktuell ist die Kasse wegen der Einnahmen voll. Mittel- und langfristig steigen die Aufwendungen in der älter werdenden Gesellschaft. Wenn sich die Beiträge verändern, dann nach oben.
Also freuen wir uns jetzt über die schöne Konjunktur und legen so viel zurück wie möglich. Die Not kommt wieder. Auch nach Griechenland.
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