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Holocaust-Gedenktag: Von Auschwitz nach Teheran

Israels Präsident Schimon Peres spricht am Holocaust-Gedenktag im Bundestag – seine Rede verpflichtet Berlin.

Der Besuch von Schimon Peres in Deutschland – er wird in Erinnerung bleiben. Denn die Rede des israelischen Präsidenten im deutschen Parlament, wohlgemerkt in Berlin, am Holocaust-Gedenktag war ein ganz außergewöhnlicher Eintrag ins Buch der gemeinsamen Geschichte.

Peres, der hierzulande Hochgeehrte, ein erfahrener Politiker, versierter Unterhändler, Friedensnobelpreisträger, hat die Nation der Nachfahren in die Pflicht genommen: in die zum Schutz des Staates, der entstanden ist nach der Ermordung von sechs Millionen Juden. Und zwar unmissverständlich. Anspruch und Verpflichtung und in Anbetracht seines Lebensalters auch vielleicht Vermächtnis bedeuten seine Worte, dass Israel überzeugt ist, das „neue Deutschland“ werde „ alles in seiner Macht stehende tun, damit der jüdische Staat sich nie mehr alleine einer Gefahr ausgesetzt sehen muss“.

Die Reden der Bundeskanzlerin, dass dieses Deutschland niemals auch nur den Versuch der Auslöschung Israels zulassen wird, bezeichnen und bezeugen eine Staatsräson. Ihre Worte sind dem vorangegangen, was der dritte Besuch eines Präsidenten Israels, der erste im glücklich wiedervereinten Deutschland, aufgriff. Peres, und das ist die historische Dimension, zog die Linie von Auschwitz nach Teheran.

Seine Forderungen sind klar zuzuschreiben und beschreiben zugleich das, was wir alle gelernt haben: Nie wieder eine Rassenlehre. Nie wieder ein Gefühl von Überlegenheit. Nie wieder eine scheinbar gottgegebene Berechtigung zur Hetze, zum Totschlag, zur Erhebung über das Recht. Nie wieder eine Verleugnung der Schoah. Nie wieder Schweigen oder Beschwichtigen gegenüber „Blutrünstigen, die sich hinter demagogischen Masken verbergen und mörderische Parolen von sich geben“. Aus dem Iran kommen bis heute mörderische Parolen; kommen bis heute Berichte über die Fortsetzung des Nuklearprogramms; kommen bis heute nur Provokationen.

Nicht nur ein Land ist herausgefordert, sondern die Demokratien der Weltgemeinschaft sind es. Vor diesem Hintergrund hat sich Merkel aus Anlass des Peres-Besuchs ein weiteres Mal festgelegt: Die Zeit für den Iran, sagt sie im Hinblick auf Sanktionen, „läuft aus“.

Neun Kriege hat Israel bestehen müssen, zwei Friedensabkommen geschlossen. Die Menschen sind der Kriege müde, aber sie werden immer für ihren Staat kämpfen. Wer Peres für eine Taube hält, vergisst, wie lange er als Falke galt. Aber mehr Frieden ist möglich, das hat dieser Präsident ebenso klar gemacht.

In Deutschland und an diesem Tag sagt er (gewiss auch an die Adresse aller Kritiker), dass es wie eine Selbstverpflichtung klingt: Die Palästinenser sollen einen eigenen Staat errichten, einen unabhängigen, gedeihenden – allerdings einen „friedliebenden“. Denn über allem steht die Forderung, die gerade in Deutschland keinerlei Erwähnung mehr bedarf: das Existenzrecht Israels anzuerkennen. Nur bedeutet das heute mehr denn je. Mehr als Worte.

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