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Meinung: Holocaust-Plakat: Provozieren ist besser als Schweigen

Nun wird es also vorzeitig abgehängt: "Schnellstmöglich", darauf hat sich der Förderkreis für das Holocaust-Denkmal und der Zentralrat der Juden in Deutschland geeinigt, wird also das Plakat mit der provozierenden und großgedruckten Behauptung: "Den Holocaust hat es nie gegeben" und der deutlich kleiner gedruckten Ergänzung, dass die Zahl derer, die den Massenmord an den Juden durch die Nazis ableugnen, ständig steige, vom Brandenburger Tor, neben dem es überlebensgroß zu Spenden für das Holocaust-Denkmal aufruft, abgehängt werden.Ein Sieg der Vernunft?

Nun wird es also vorzeitig abgehängt: "Schnellstmöglich", darauf hat sich der Förderkreis für das Holocaust-Denkmal und der Zentralrat der Juden in Deutschland geeinigt, wird also das Plakat mit der provozierenden und großgedruckten Behauptung: "Den Holocaust hat es nie gegeben" und der deutlich kleiner gedruckten Ergänzung, dass die Zahl derer, die den Massenmord an den Juden durch die Nazis ableugnen, ständig steige, vom Brandenburger Tor, neben dem es überlebensgroß zu Spenden für das Holocaust-Denkmal aufruft, abgehängt werden.

Ein Sieg der Vernunft? Das Ende einer falschen Provokation? Lea Rosh hat, endlich!, klein beigegeben. Und schon wissen diejenigen, die in seltener Einmütigkeit und Empörung gegen das Plakat waren, dass Lea Rosh der Sache des Holocaust-Mahnmals Schaden zugefügt hat.

Ist das so? Bei der Debatte über das Spendenplakat sind jene giftigen, schrillen und entrüsteten Töne wieder laut geworden, die jede Debatte über den Holocaust - also auch die langjährige Debatte über den Sinn und Zweck eines Denkmals zur Mahnung an die ermordeten Juden im Zentrum Berlins - begleiten. Das kann nicht anders sein: Über einen unvorstellbar antizivilisatorischen und inhumanen Akt, wie er sich mit dem Namen Auschwitz verbindet, lässt sich nicht anders sprechen als mit Entsetzen, Wut und Empörung.

Lea Rosh, gewiss eine Persönlichkeit, deren engagierter Eifer zur Selbstgerechtigkeit neigt - nur wer so mit seiner Identifikation übertreiben kann, ist in der Lage, jahrelang seinen schier missionarischen Eifer für das Mahnmal aufzubringen -, hat mit dem Plakat wieder einmal das Kind mit dem Bade ausgeschüttet: Sie wollte provokativ wirken und sie hat provoziert. Sie hat mit einem geschmacklosen Slogan auf eine historische Geschmacklosigkeit hingewiesen: die des Vergessens und Verdrängens.

Notwendige Identifikation

Zwei Argumente gegen ihre plakative und plakatierte Provokation zielen dennoch ins Leere, nämlich, einmal, dass sie aus egoistischen, ja egomanen Motiven gehandelt habe. Das Mahnmal wird diese Motive, so es steht, überdauern, es wird ein Stachel im Fleisch bleiben und wahrscheinlich brauchte Rosh die totale Personalisierung und Identifikation, um diese lange lärmende Debatte durchzustehen. Sie muss dabei nicht sympathisch dastehen, darauf kommt es nicht an.

Und zum Zweiten. Die Argumente, dass ihre geschmacklose Verbalisierung ("Den Holocaust hat es nie gegeben") Wasser auf die Mühlen der Neonazis und Rechtsradikalen liefere, sind gleich doppelt fragwürdig. Denn einerseits benutzen die radikalisierten Unbelehrbaren (wie alle psychisch Verstörten) alles und missbrauchen es, wie es ihnen passt. Und zum anderen soll man nicht wünschen, dass diese verqueren Geschichtsklitterungen öffentlich unartikuliert bleiben. Der provokante Satz hat schon einen Nagel auf seinen rechtsextremen Kopf getroffen.

Bleibt die Kränkung der Opfer und Überlebenden des Rassenmords. Gegen ihr Empfinden lässt sich nicht argumentieren. Und so ist es letztlich richtig, dass das Plakat verschwindet: Seine böse wie gute Wirkung hat es längst gehabt.

Hellmuth Karasek

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