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Alice Nkom hat 30 Jahre als Rechtsanwältin gearbeitet. Vor zehn Jahren begann sie, Homosexuelle vor Gericht zu verteidigen. Das kamerunische Strafrecht ist verfassungswidrig, sagt sie.

© epd

Homosexualität in Afrika: Alice Nkom vertritt Schwule vor Gericht in Kamerun

Die Rechtsanwältin Alice Nkom wird mit dem Menschenrechtspreis von Amnesty International ausgezeichnet. Sie kämpft seit bald zehn Jahren für das Menschenrechte auf eine eigene Sexualität.

Alice Nkom strahlt die Gelassenheit einer Frau aus, die weiß, dass sie auf der richtigen Seite steht. Die 68-jährige Menschenrechtsanwältin aus Kamerun hat vor etwas mehr als zehn Jahren die „Vereinigung zur Verteidigung der Rechte Homosexueller“ (Adefho) gegründet. Da hatten sie gerade ein paar Homosexuelle aus Frankreich besucht, die ihre Ferien in Kamerun verbringen wollten. „Ich musste sie warnen“, erzählt sie. Denn seit 1972 stehen homosexuelle Handlungen in dem westafrikanischen Land unter Strafe.
Der damalige Präsident Ahmadou Ahidjo hat unter Umgehung des Parlaments den Artikel 347a des kamerunischen Strafgesetzbuches erlassen. Dennoch hatten Schwule und Lesben in Kamerun lange nicht allzu viel zu befürchten. Der Paragraf wurde kaum angewendet. Das hat sich seit 2006 dramatisch verändert. Damals predigte der katholische Erzbischof von Yaundé, Victor Tonye Bakot, gegen korrupte Schwule in der Regierung des seit 1982 regierenden Präsidenten Paul Biya. Alice Nkom ist deshalb ganz zufrieden damit, dass der aktuelle Papst Franziskus zumindest einmal infrage gestellt hat, ob es die katholische Kirche überhaupt etwas angeht, welche Sexualität Menschen haben.

Erst vor wenigen Wochen starb einer ihrer Mandanten an den Spätfolgen der Haft

Alice Nkom, die seit 2006 viele Schwule und Lesben vor Gericht vertreten hat – und dort bisher nur einmal gewann, sieht, wie schwer es für Homosexuelle ist, zu ihrem Recht zu kommen. Und wie gefährlich es für sie geworden ist. Im Juli 2013 ist der Aktivist Eric Lembembe ermordet worden. Er hatte sich offen dafür eingesetzt, die sexuelle Orientierung als Menschenrecht anzuerkennen, was Kamerun mit dem Bezug auf die Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen in der eigenen Verfassung längst getan hat, was Alice Nkom nicht müde wird zu betonen.

Erst vor wenigen Wochen im Januar starb Jean-Claude Roger Mbede, den sie vor Gericht vertreten hatte, nachdem er wegen einer SMS verhaftet worden war. Er hatte einem Mann den Text geschickt: „Ich liebe dich.“ Der 34-Jährige wurde zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Im Gefängnis habe man ihm nicht genug zu essen gegeben, und er sei von Wärtern wie Gefangenen misshandelt worden. Er wurde zwar 2012 wegen seiner angegriffenen Gesundheit freigelassen, starb aber an den Spätfolgen. Alice Nkom ist wütend, mit welch fadenscheinigen Beweisketten Menschen in Kamerun eingesperrt werden. Aber auch die Todesdrohungen, die sie regelmäßig erhält, halten sie nicht davon ab, ihren Kampf um das Recht fortzusetzen. Das Strafgesetzbuch Kameruns sei verfassungswidrig. Das will Alice Nkom vom höchsten Gericht Kameruns bestätigt bekommen.

Im Kampf um die Menschenrechte „hat es immer Opfer gegeben“, sagt sie. Und man müsse sich der Gefahren bewusst sein. Aber Alice Nkom sagt: „Wir müssen den Mut haben, dafür zu kämpfen.“ An diesem Dienstag wird sie mit dem Menschenrechtspreis von Amnesty International ausgezeichnet.

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