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Meinung: Horchen, lauschen, allüberall

Die Regierung will den BND nun auch im Inland spionieren lassen – das ist überflüssig

Von Frank Jansen

Seit mehreren Monaten scheint Aufregung programmiert zu sein, wenn in einer öffentlichen Debatte vom Bundesnachrichtendienst (BND) die Rede ist. Wie ein Blitzableiter zieht der Geheimdienst Vorwürfe, Spekulationen und Verdächtigungen auf sich. Nun gerät der BND ins nächste Feuer. Alle drei Oppositionsparteien verurteilen den Plan der Regierung, über das nach einem bürokratischen Monster klingende „Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz“ dem Dienst zusätzliche Befugnisse zu gewähren.

Gar so monströs ist das Regelwerk allerdings nicht, auch droht kein Abgleiten in den Überwachungsstaat, wie es die Linkspartei prophezeit. Dennoch erscheint die Ergänzung des Antiterrorgesetzes, das der Bundestag nach dem Schock des 11. September 2001 beschlossen hatte, zumindest teilweise bedenklich – und politisch wenig sensibel.

Dem Auslandsnachrichtendienst soll nun gestattet werden, auch „zur Aufklärung verfassungsfeindlicher Bestrebungen im Inland“ Auskünfte bei Luftfahrtunternehmen, Banken, Post- und Telekommunikationsfirmen einzuholen. Wenn die Verfassungsfeinde, zum Beispiel islamistische Hassprediger, „die Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt fördern“, wie es SPD und Union in den kürzlich präsentierten Eckpunkten des Gesetzes formulieren. Das klingt zunächst plausibel. Warum soll es dem BND nicht erlaubt sein, wenn er von Verbindung zwischen Terroristen im Ausland und in der Bundesrepublik erfährt, hier weiterzurecherchieren?

Die Frage ist leicht zu beantworten: Für die Aufklärung im Inland gibt es den dafür zuständigen Inlandsnachrichtendienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz plus 16 Landesbehörden. Weshalb die einen Fall, den der BND vorträgt, nicht weiterverfolgen sollen, obwohl sie sich mit ihrer Inlandskompetenz dafür am besten eignen, können weder SPD noch Union plausibel erklären. Und beide desavouieren das von der Regierung mit Lob überhäufte, Ende 2004 eingerichtete „Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum“ in Berlin. Im GTAZ sitzen Spezialisten von BND, Verfassungsschutz, Polizei und anderen Behörden täglich zusammen, um sich über die aktuelle Terrorgefahr und Gegenmaßnahmen zu verständigen. Warum kann der BND hier nicht auch in Zukunft seine Erkenntnisse über eine Verbindung zwischen militanten Islamisten im Ausland und einem Hassprediger in der Bundesrepublik weitergeben – anstatt auf dem ihm fremden Terrain im Inland weiterzuwurschteln?

Die große Koalition hat keine überzeugende Antwort auf diese Fragen parat. Schlimmer noch: Sie nährt den Verdacht, der BND solle auch zu einem Inlandsgeheimdienst ausgebaut werden. Das mag übertrieben sein. Doch angesichts der Affäre um die Bespitzelung von Journalisten im Inland durch den Auslandsgeheimdienst lässt die Regierung das Gespür für politisch gebotene Zurückhaltung vermissen. Und sie produziert damit auch fachlich Murks.

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