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IAA in Frankfurt.

© Reuters

IAA in Frankfurt: Auch Idealismus braucht PS

Der Verbrennungsmotor hat keine Zukunft. Die deutschen Elektroautos müssen aber billiger werden, sonst bleiben sie Luxus für wenige

Autos wecken Emotionen. Selbst jene Mitmenschen, die alle Blechkisten am liebsten verschrotten würden, träumen davon nicht ohne Gefühle. Die anderen, die Auto-Enthusiasten, pilgern alle zwei Jahre zur Internationalen Automobilausstellung (IAA) nach Frankfurt. Sie wird an diesem Donnerstag von Angela Merkel eröffnet. Ein 230 000 Quadratmeter großer Tempel automobiler Selbstdarstellung. Liebe oder Hass – kein Produkt polarisiert so wie das Auto.

Die Hersteller verstehen es, mit dieser Ambivalenz zu spielen. Wer die Premierenshows auf der IAA besucht, kann sich der Verführungskunst nicht entziehen. Effektreicher, brillanter und jung-dynamischer wurden neue Autos selten inszeniert. Und selten klangen die Konzernbosse dabei politisch-korrekter. Von Nachhaltigkeit, gesellschaftlicher Verantwortung und Bescheidenheit ist die Rede. Der Zufall will es, dass die Messe am 22. September, dem Wahlsonntag, endet. Als könnten sie die Autohasser bekehren, präsentieren die Konzerne aber nicht nur Worthülsen, die der Politik gefallen. Sondern in diesem Jahr auch echte, faszinierende Autos, die dem Ideal der Nachhaltigkeit nahekommen: Elektro- und Hybridfahrzeuge in Serie.

Wir Verbraucher könnten die Zukunft also gewissermaßen im Autohaus kaufen. Elektromobilität ist (er)fahrbar – jetzt auch bei VW, BMW oder Daimler. Ressourcenschonung ist alltäglich machbar. Spaß und Sparsamkeit schließen sich nicht aus. Man reibt sich die Augen: Sind Ökonomie und Ökologie unter dem Mercedes-Stern, der BMW-Raute oder dem VW-Logo versöhnt? Ein Irrtum.

Die IAA-Entertainer tun zwar so, als stehe das „Tor zur Zukunft“ (BMW-Chef Norbert Reithofer) weit offen. Doch was kommt, wissen die Ingenieure und Marketingprofis genauso wenig wie ihre Kunden. Das alte Geschäftsmodell funktioniert – mehr (bei den Deutschen) oder weniger (bei Franzosen und Italienern). Aber nachhaltig ist es nicht, solange das Geld mit PS-Boliden, großen Verbrennungsmotoren oder Geländewagen verdient wird. Alle wissen: Langfristig wird es diese Produkte nicht mehr geben, weil die Ressourcen fehlen, die sie heute in Bewegung setzen.

Dies gilt auch in Asien und in den USA, den Wachstumsmotoren der Gegenwart. Nicht zufällig sind es China oder Kalifornien, wo sich BMW die größten Chancen für sein neues Elektroauto ausrechnet. Wenn dort die Städte für herkömmliche Autos gesperrt werden, haben jene einen Vorteil, die eine Alternative anbieten können.

Doch für die Alternativen gibt es noch kein Geschäftsmodell. Wer kauft einen elektrischen Kleinwagen für 27 000 Euro, der 12 000 Euro mehr kostet als das klassische Modell? 100 000 Kilometer könnte man mit dem Benziner – durchaus klimafreundlich – unterwegs sein, bevor sich der teure Stromwagen überhaupt rechnet. Nicht viele werden sich diesen Idealismus leisten können. Man muss Autos nicht lieben, um von der Arbeit der Ingenieure und Designer begeistert zu sein. Wenn aber Zukunftsautos ähnlich wie Sportwagen faszinieren sollen, darf die Verführung nicht an der Kasse enden. Sonst bliebe Elektromobilität ein Luxus für wenige.

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