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Meinung: „Ich bin nicht so …

… wahnsinnig entscheidungsfreudig.“ Das kennen seine politischen Weggefährten von ihm: Wenn es um klare Aussagen geht, lässt Gregor Gysi gern auf sich warten.

Von Sabine Beikler

… wahnsinnig entscheidungsfreudig.“

Das kennen seine politischen Weggefährten von ihm: Wenn es um klare Aussagen geht, lässt Gregor Gysi gern auf sich warten. Doch nach längerer Polit-Abstinenz will er jetzt wieder zurück auf die politische Bühne. Am Sonntag wird er auf dem Bundesparteitag in Potsdam vor seinen Genossen zu „15 Jahre Einheit – 15 Jahre PDS“ sprechen. Und weiter? Sagt er etwas zu einer möglichen Kandidatur als Spitzenkandidat der Partei? Zieht er vielleicht 2006 noch einmal für die PDS in den Wahlkampf? Mehr als dass er sich nicht gerne unter Druck setzen lasse, hat er bisher jedenfalls nicht gesagt. Die Entscheidung will er Ende 2005 treffen. Das ist Gysis Koketterie.

Politik als Shownummer, als Spiel. Davon versteht der 56-Jährige viel. Köstlich amüsiert er sich noch Jahre später darüber, dass er im Frühjahr 2001 die Öffentlichkeit über Monate hinweg im Unklaren ließ, ob für ihn ein Wechsel in die Berliner Landespolitik in Frage käme. Niemals nie sagen, damit „Gedankenspiele“, so sagt er, noch möglich sind.

Wenn da nicht Gysis gesundheitliche Probleme wären – ein Infarkt und eine weitere Herzattacke in diesem Jahr. Die Unsicherheit, wie es ihm im nächsten Jahr geht, würde einer wie er, der das Agieren und nicht das Reagieren gewöhnt ist, nur allzu gern verdrängen. Seine Entscheidung, ob er noch einmal kandidieren wird, werde er vor allem von der aktuellen politischen Situation und dem Zustand der PDS abhängig machen. Sagt er.

Doch das wird ihm nicht leicht fallen: Gysi analysiert nicht gern, hasst das Aktenstudium, mag keine Gremien, er fabuliert lieber und unterhält als gesellschaftspolitischer Conférencier. Auch wenn sein erster Versuch als Fernsehmoderator gescheitert ist: Er spricht schon wieder von neuen TV-Plänen.

Vor drei Jahren hatte er den Politikerjob mit der Rolle eines Theaterschauspielers verglichen. Der müsse auch 300 Abende hintereinander denselben Text vortragen. Am Anfang seiner Karriere sei ihm das „Programmabspulen“ ungemein schwer gefallen, jetzt aber habe er sich an das „ewige Wiederholen“ gewöhnt. Seine berufliche Abwechslung hat er durch seinen Beruf als Anwalt, nur eines fehlt ihm zunehmend: die Bühne und die Öffentlichkeit.

Die PDS weiß, was sie an ihrem früheren Parteichef hat, der von 1998 bis 2000 Fraktionschef im Bundestag war. Er ist der Einzige, der mit seiner Eloquenz die noch nötigen Stimmen bringen könnte, um der Partei den Wiedereinzug in den Bundestag in Fraktionsstärke zu ermöglichen. Für die Sozialisten geht es dabei ums langfristige Überleben. Für Gysi eine geradezu ideale Ausgangssituation. Er liebt neue Herausforderungen – und wartet nur darauf, noch ein bisschen mehr gebeten zu werden.

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