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Meinung: „Ich bleibe in London“

So viele Autogramme musste Kevin Spacey geben, dass man im Foyer eine Koje für ihn einrichtete. Da stand er, von 22 Uhr 30 bis 22 Uhr 45, geschützt vor den Fans, und signierte Theaterprogramme.

So viele Autogramme musste Kevin Spacey geben, dass man im Foyer eine Koje für ihn einrichtete. Da stand er, von 22 Uhr 30 bis 22 Uhr 45, geschützt vor den Fans, und signierte Theaterprogramme. Der Star aus „L. A. Confidential“, Oscarpreisträger von „American Beauty“, spielte die Titelrolle in Shakespeares „Richard II.“ und war dazu noch der gefeierte Theaterdirektor.

2004 hatten die Londoner Spacey die Leitung einer ihrer beliebtesten, aber dauerkriselnden Bühnen mit großen Hoffnungen übergeben. Bei seiner ersten Pressekonferenz als Direktor verdeckte Spacey mit einer Mütze die Schramme, die er sich am Tag zuvor um 4 Uhr morgens im Park geholt hatte. Er sei überfallen worden, als er seinen Hund ausführte. Dann hieß es, er sei über seinen Hund gestolpert. Die Boulevardpresse war zur Stelle und spekulierte über Spaceys Sexualgewohnheiten und sein Talent als Hundehalter.

Nun sind es die Theaterkritiker, die seine Befähigung zum Theaterdirektor in Frage stellen. Spacey war nach einem Glanzauftritt in Eugene O’Neills „The Iceman Cometh“ zum Direktor des Old Vic gemacht worden. Nach gemischten Erfolgen war das letzte Stück dort, der „Auferstehungsblues“ von Arthur Miller, ein Flop und musste schließen. Das soll vorkommen. Niemand hielt es schließlich für eine schlechte Idee, den 81-jährigen Star-Filmregisseur Robert Altman auf das letzte Stück des damals 86-jährigen Arthur Miller loszulassen. Maximilian Schell übernahm eine Rolle. Doch dann bekamen es alle mit den Nerven zu tun. Schell war so nervös, dass er bei der Premiere ein Telefon nicht mehr richtig auflegen konnte. Die Kritiker besorgten den Rest.

„Starnamen garantieren eben nicht gutes Theater“, verkündete der „Scotsman“ aus dem fernen Edinburgh. Hörte man da den Neid auf Londons Theaterwelt, wo sich seit Jahren Hollywoodstars die Klinke in die Hand geben? Doch nicht neidischer Lokalpatriotismus bringt Spacey nun in Schwierigkeiten. Die Londoner verzeihen einem Theatermann fast alles, aber nicht ein dunkles Theater. Und da Spacey keinen Ersatz hat und kein neues Stück geplant ist, muss das Old Vic fünf Monate Sommerferien machen. Wird Spacey, wie geplant, im September mit einem neuen Eugene-O’Neill-Stück zurückkehren? Er werde seinen Zehnjahresvertrag durchziehen, erklärte Spacey. Doch erst einmal muss er Reklame für seinen neuesten Film machen. Titel: „Superman kehrt zurück“.

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