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Meinung: „Ich brauche eben länger, bis es Klick macht“

Wer den Spielern bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 zugeschaut hat, konnte manchmal meinen, die haben sie nicht alle: wie Zinedine Zidane Kopfnüsse verteilte, wie die Italiener zu Boden gingen. Bei der zweiten Fußball-WM 2006 in Deutschland müssen die Kicker sogar Defizite mitbringen, um auf den Platz zu dürfen: bei der „Inas-Fid-WM der Menschen mit geistigen Behinderungen“ mit Mannschaften aus 16 Ländern.

Wer den Spielern bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 zugeschaut hat, konnte manchmal meinen, die haben sie nicht alle: wie Zinedine Zidane Kopfnüsse verteilte, wie die Italiener zu Boden gingen. Bei der zweiten Fußball-WM 2006 in Deutschland müssen die Kicker sogar Defizite mitbringen, um auf den Platz zu dürfen: bei der „Inas-Fid-WM der Menschen mit geistigen Behinderungen“ mit Mannschaften aus 16 Ländern.

Andreas Timm ist der Spieler, der am längsten für die deutsche Elf aufläuft. Seit 14 Jahren spielt der 31-Jährige aus Essen Fußball, gehörte bei jeder der drei bisherigen WMs zum Kader. Beim gestrigen Eröffnungsspiel Deutschland gegen Japan gab er den entscheidenden Pass zum 2:0. Den 3:0-Sieg der Deutschen beklatschten auch Bundespräsident Horst Köhler – und Christoph Daum, der sich bei der WM als Assistenztrainer engagiert. Bei so viel Prominenz in der Duisburger Arena hatte der breitschultrige Kicker anfangs Ladehemmung: „Das war die Aufregung.“ Doch dann lief es langsam rund – und Timm musste schnell mal in der Viererkette aushelfen.

Flexibel zu spielen, ist eine Herausforderung für Männer wie Timm, der in einer Außenwohngruppe für behinderte Menschen lebt und in der Gärtnerei der Caritas-Einrichtung Heimstadt Engelbert arbeitet. Timm wuchs im Heim auf, Trainer Willi Breuer ist für ihn „wie ein Vater“. Damit die lernbehinderten und verhaltensauffälligen Spieler – ihr IQ liegt, den WM-Vorschriften zufolge, unter 75 – Spielzüge kapieren, wird vieles mehrfach trainiert. Aber Fußball sei nun wirklich nicht schwer zu verstehen, sagt Trainer Breuer immer – sein Team zeigt durchaus Verbandsliganiveau.

Timm drückt das so aus: „Ich brauche eben manchmal etwas länger, bis es im Kopf Klick macht. Jeder soll mich nehmen, wie ich bin.“ Er gilt als Star des Teams – „aber das will ich gar nicht sein, ich bin genauso Teil der Mannschaft wie alle anderen“. Fußball ist sein Leben, das weiß auch seine Freundin. Timm trainiert fünfmal die Woche mit Kollegen, aber auch mit nichtbehinderten Spielern beim ESV Essen-Frillendorf. „Die wissen, wo ich herkomme und haben mich voll akzeptiert.“ Wie die WM weitergeht? „Es wäre schön, wenn wir ins Endspiel kommen. Brasilien ist technisch besser, die Holländer sterben in Schönheit. Aber wir machen das durch Kampf wieder weg.“ Er meinte „wett“ – aber verstanden hat es jeder.

Annette Kögel

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