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Meinung: „Ich habe noch nie irgendeinen Titel angestrebt“

Er gilt als Zauderer, etwas zu bedächtig, dabei immer überlegt und vorsichtig. Wenn Berthold Huber in diesen Tagen den Mund für seine Verhältnisse reichlich voll nimmt, so ist das Tarif-Folklore.

Er gilt als Zauderer, etwas zu bedächtig, dabei immer überlegt und vorsichtig. Wenn Berthold Huber in diesen Tagen den Mund für seine Verhältnisse reichlich voll nimmt, so ist das Tarif-Folklore. „Sehr massive Warnstreiks“ kündigt der zweite Vorsitzende der IG Metall an. Und wenn die Arbeitgeber bis Mitte Mai nicht anständig zu zahlen bereit seien, werde man mit einem wochenlangen Arbeitskampf nachhelfen.

Rhetorischer Krawall ist Hubers Sache eigentlich nicht. Dafür, so will es das Klischee, ist Jürgen Peters zuständig, erster Vorsitzender der Gewerkschaft. Vor vier Jahren, nach dem verlorenen Streik um kürzere Arbeitszeiten in Ostdeutschland, waren Peters und Huber die Konkurrenten um die Nachfolge des abgetretenen Klaus Zwickel. Nachdem sich alle fürchterlich verhakt hatten, einigten sich die beiden sehr verschiedenen Typen auf eine vernünftige Lösung: Sie führten die mächtigste Gewerkschaft gemeinsam und verständigten sich darauf, dass Huber im Herbst 2007 Peters auf Platz eins ablösen solle.

Jetzt hat Huber erstmals öffentlich erklärt, diesen Platz auch besetzen zu wollen. Dass er das kann, ist ziemlich unumstritten. Zäh und tüchtig war der Jesuitenschüler schon immer. In den letzten Jahren ist er auch härter geworden, entschlossener. Vermutlich hat er inzwischen ähnliche Steherqualitäten wie Peters. Huber, 1950 in Ulm geboren, Werkzeugmacher und in den 80er Jahren Student der Sozialwissenschaften, schlägt einen anderen Ton an als Peters, der mit seiner klaren, konfliktorientierten Sprache die Basis der klassischen Industriearbeiter erreicht.

Im Kerngeschäft, der Tarifpolitik, hat sich Huber oft bewährt und bringt Kompetenz und Bereitschaft mit, das Tarifsystem weiterzuentwickeln. Eines seiner Lieblingsthemen ist die Bildung, von der Aus- über die Weiterbildung hin zum lebenslangen Lernen. Einen ersten Tarifvertrag dazu hat Huber schon vor Jahren abgeschlossen. Einen weiteren Schwerpunkt wird Huber in den nächsten Jahren beim altersgerechten Arbeiten legen: Wie kann man Arbeitnehmer so fit machen, dass sie tatsächlich bis 67 arbeiten können? Wie kann man Ausstiegsmöglichkeiten so organisieren, dass Junge länger und Ältere kürzer arbeiten?

Und schließlich: Wie bekommt die IG Metall wieder eine Stimme in der sozialpolitischen Debatte? Mit einer prinzipiellen „Nicht-mit- uns“-Haltung kann man sich auch selber kaltstellen, wie der Umgang mit der Agenda 2010 gezeigt hat. Hubers Anspruch ist anders: „Es gehört zu den Jobs der Gewerkschaften, eigene Konzepte zu entwickeln.“

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