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Herrscht vielleicht doch ein neuer Krieg?

© ddp

Ich habe verstanden: Ein Rosenkrieg ohne Gewinner

Männer und Frauen sind unterschiedlicher Meinung, mehr denn je - und nicht nur beim Sorgerecht oder im Fall Kachelmann. Zwischen den Geschlechtern scheinen sofortige Abrüstungsgespräche vonnöten.

Im Krieg und in der Liebe soll ja alles erlaubt sein. Ich würde mir aber gerne erlauben, den Verfasser dieses Satzes mal schön in die Nase zu kneifen, so blöd finde ich den. Leider verhält es sich mit der Urheberschaft dieses Sprichworts ähnlich wie bei dem, in dem es um Kommunismus, Herz und Verstand geht – sie wissen schon – man kann den Verfasser nicht exakt benennen, einige halten Napoleon dafür, der hatte zwar Ahnung von Krieg, nicht aber von der Liebe, da ist er ja bös gescheitert.

Ist ja auch alles über 200 Jahre her. Ein paar Tage aber ist es erst her, dass ich dachte: Moment! Herrscht nicht vielleicht doch ein neuer Krieg? Ein Krieg der Liebe, ein Krieg zwischen Männern und Frauen, die sich nicht verstehen, die Feinde sind, die dem anderen nichts gönnen?

Zwei Dinge passierten.

Erstes Ding: Am Mittwochabend saß Ferdinand von Schirach in der Fernsehsendung von Markus Lanz, und dass Markus Lanz im Moment das größte Ärgernis im deutschen Fernsehen ist, darum kümmere ich mich demnächst an anderer Stelle, falls das ZDF nicht doch noch ein Einsehen hat und diesen Mann – von dem sie, was man so hört, auch nicht begeistert sind – diesen Mann also, der meint, man könne Interesse, Klugheit und noch ein paar Dinge, die ein Moderator im öffentlich-rechtlichen Fernsehen haben sollte, dadurch simulieren, dass man den Kopf etwas senkt, den Zeigerfinger vor die Lippen hält und jeweils den letzten Satz seines Gastes in seinen eigenen, schwächeren Worten wiederholt, dass das ZDF diesen Mann endlich vom Hof jagt. Jedenfalls saß da Ferdinand von Schirach. Er hat ein zweites Buch mit Kurzgeschichten geschrieben. Es ist nicht ganz so brillant wie das erste, aber wenn man in diesem Sommer nur ein Buch lesen will, dann bitte dieses (allerdings erst nachdem man "Cash" von Richard Price gelesen hat).

Pardon – es geht hier natürlich nicht um Literaturkritik oder Fernsehkritik – es geht nicht einmal um Schirach und auch nicht um Hellmuth Karasek, der in der Sendung zugeschaltet war. Es geht auch nicht um den Fall Kachelmann, obwohl es in der Sendung genau darum ging. Es geht um ein Gefühl. Ein Gefühl, das man während der Sendung bekam. Das Gefühl, dass es zwischen Männern und Frauen nicht zum Besten steht, dass es unter der Oberfläche nicht nur brodelt, sondern lichterloh brennt. Der Fall Kachelmann ist nämlich – unabhängig von der Frage der Schuld – auch ein Fall der Geschlechter: wer übernimmt für wen Partei? Und weil wir hier Gott sei Dank nicht vor Gericht sind, lautet das Pauschalurteil: Die Männer sind für Kachelmann. Die Frauen sind gegen Kachelmann. Und beide haben Recht.

Abgesehen von der großen Wahrheit, die möglicherweise nie ans Licht kommen wird, gibt es eine kleine Wahrheit, und die besagt, dass Männer und Frauen ein bisschen besser miteinander umgehen sollten. Klingt zunächst wie ein Witz oder wie eine Forderung von 1924, aber es ist doch tatsächlich so: egal, wie die große Wahrheit aussieht: Kachelmann hat eine Frau belogen und betrogen, und die Frau hat auch gelogen, und das hat zur Folge, das mindestens eine der handelnden Personen für immer zerstört sein wird. Die Lüge ist nämlich kein Mittel in der Liebe, sie ist ein Mittel gegen die Liebe, und sie hilft auch nicht weiter, wenn die Liebe einmal aufhört.

Und ein Kind da ist.

Zweites Ding: Am Dienstag hat das Bundesverfassungsgericht die Rechte der Väter unehelicher Kinder gestärkt. Die Richter erklärten die Regelung, wonach ledige Väter nur mit Zustimmung der Mutter das gemeinsame Sorgerecht für die Kinder erhalten können, für verfassungswidrig. Jetzt können Familiengerichte einem Vater auch gegen den Willen der Mutter einen Teil des Sorgerechts übertragen. Die Verfassungsrichter nannten als Voraussetzung, dass die gemeinsame Sorge dem Kindeswohl dienen müsse. Außerdem muss der Mann seine Vaterschaft anerkannt haben. Es verletze das Elternrecht des Vaters, wenn dieser keine Möglichkeit habe, ohne Zustimmung der Mutter ein gemeinsames Sorgerecht zu bekommen.

Ich glaube, dass das ein gutes und ein richtiges Urteil ist. Es gibt Frauen, die glauben das nicht, und in manchen Kommentaren im Internet ist man froh, dass man die im Internet liest, sonst könnte man denken, es sei – nicht 1924 – 1972. Darin kommen Männer als verantwortungslose Lumpen vor, unfähig für jede Art von Beziehung, egal ob zur Frau oder zum Kind. Und das Urteil sei nur ein weiterer Beweis für eine Art Backlash, um sich an den Frauen und ihren Errungenschaften der Emanzipation zu rächen.

Was ist los? Ist das eine Art Krieg? Ein überdimensionierter Rosenkrieg, bei dem es keine Gewinner geben wird, sondern nur Verletzte, Verlierer, Verlorene? Ich bin kein Pazifist, war nie einer, aber in diesem Fall plädiere ich für sofortige Abrüstungsgespräche. Auf Frieden kann man in der Liebe anscheinend sowieso nicht hoffen.

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