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Kolumnist Matthias Kalle über das seltsame Spiel der Liebe und CDU-Politiker Christian von Boetticher.

© promo

Ich habe verstanden: Yale, Twain und Guttenberg

Karl-Theodor zu Guttenberg hat sich ein Haus in Connecticut zugelegt. Das ist gut für dessen Schriftsteller-Karriere, meint Matthias Kalle, schließlich hat es dort schon bei ganz anderen Geistesgrößen geklappt.

Es gibt dann doch, in einer Woche zum davonlaufen, in einer Woche, die so etwas wie der Tiefpunkt eines an Tiefpunkten nicht armen Jahres ist, schöne Meldungen. Meldungen, die das Herz erwärmen können und die einem den Glauben zurückgeben, den Glauben an das Gute, an das Schöne.

Karl-Theodor zu Guttenberg hat sich ein Haus gekauft. Nicht in Franken – da hat er schon was. Auch nicht in der Uckermark, wo es für jemanden, der gerade keinen Job hat, erschwingliche Immobilien gibt. Und auch nicht in der mecklenburgischen Seenplatte, wo es wunderschön ist aber in Teilen keinen Handyempfang gibt. Wahrscheinlich ist Handyempfang für Guttenberg ein Kriterium bei der Standortwahl. Könnte ja sein, dass mal einer anruft.

Guttenberg hat sich ein Haus in Connecticut gekauft – schon bald, so war zu lesen, zieht er mit seiner Familie in diesen US-Ostküstenstaat, den Beobachter als „fein“ bezeichnen. Andere Beobachter meinen zu wissen, dass dieser Umzug Teil eines „politisches Sabbatical“ sein soll. Guttenberg möchte die Zeit nutzen, um ein Buch zu schreiben. Und wo könnte man besser ein Buch schreiben als in Connecticut?

In dem Staat leben 3,4 Millionen Menschen, so viel wie in Berlin, allerdings hat keine Stadt in Connecticut mehr als 200.000 Einwohner – und doch kommt man relativ problemlos nach Washington oder nach New York, und New York kennt Guttenberg ja ganz gut, vor dem Times Square ließ er sich einst fotografieren, die Arme ausgestreckt, als ob ihm das alles gehören würde. Nun hat es also immerhin zu einem Haus in Connecticut gereicht und da soll es ja wirklich wunderschön sein. Ich war noch nie dort, aber man hört so allerhand und es gibt Bilder von dort, Filme spielen in der Gegend, Bücher auch, und in allen Beschreibungen wirkt Connecticut wie ein Ort, an dem man leben möchte oder ihn mindestens mal besuchen. Das Motto des Staates Connecticut lautet übrigens: „Der, der uns herüberbrachte, wird uns stützen.“

Connecticut wird, vielleicht weiß Guttenberg das nicht, von Demokraten regiert, obwohl ein wichtiger Republikaner dort geboren wurde, nämlich George W. Bush, aber vielleicht spielte das bei der Wahl des Ortes ja keine Rolle. Unklar ist zudem, wo genau in Connecticut sich Familie Guttenberg niederlassen will, eventuell ja in New Haven, was so viel heißt wie „Neuer Zufluchtsort“. Allerdings befindet sich in New Haven auch die berühmte Yale Universität und eventuell macht Guttenberg noch um akademische Eliteeinrichtungen einen großen Bogen – wegen dieser dummen Geschichte vom Frühjahr.

Wichtiger aber ist wahrscheinlich, dass man in Connecticut sehr gut Bücher schreiben kann. Mark Twain schrieb beispielsweise „Die Abenteuer des Tom Sawyer“ in Hartford, Connecticut – aber all das wird Guttenberg natürlich wissen.

Was für ein Buch kommt heraus, wenn man in so einer Umgebung schreibt? Oder spielt der Entstehungsort keine Rolle für den Inhalt eines Buches? Ich möchte mich nicht messen mit Guttenberg, aber immerhin habe ich schon drei Bücher geschrieben, oft nachts übrigens – ähnlich will Guttenberg ja seine Doktorarbeit geschrieben haben. Allerdings bekamen meine drei Bücher ihren letzten Schliff an der Nordsee, jeweils für zwei Wochen fuhr ich nach Föhr, meist im Herbst, wenn die See rau ist und der Himmel grau. Dann saß ich in einer kleinen Ferienwohnung, schrieb, überarbeitete, manchmal sprach ich tagelang mit niemandem. Meine Bücher sind deshalb oft ein bisschen traurig – und sie verkaufen sich auch nicht so besonders, obwohl ich mir immer Mühe gebe und alles selber mache.

Ich glaube, dass Karl Theodor zu Guttenberg in Connecticut ein Buch schreiben wird, das ein Bestseller wird.

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