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Meinung: „Ich prüfe die Zuneigung zu Frankreich“

Wenn Arno Klarsfeld in Paris unterwegs ist, ob zu einem Gerichtstermin oder zu einem privaten Rendezvous hat er normalerweise seine Rollschuhe untergeschnallt. Diesmal kam der 39-jährige Rechtsanwalt mit dem Fahrrad.

Wenn Arno Klarsfeld in Paris unterwegs ist, ob zu einem Gerichtstermin oder zu einem privaten Rendezvous hat er normalerweise seine Rollschuhe untergeschnallt. Diesmal kam der 39-jährige Rechtsanwalt mit dem Fahrrad. Nachdem ihn Innenminister Nicolas Sarkozy am vergangenen Donnerstag zum Schlichter berufen hatte, um in strittigen Fällen die Anträge von illegal eingewanderten Familien mit schulpflichtigen Kindern auf Gewährung von Aufenthaltsgenehmigungen zu prüfen, hatte er sich sofort auf den Weg gemacht. In der Rue Truffaut, wo sich die für Ausländer zuständige Dienststelle der Präfektur befindet, wollte er sich einen Eindruck von seiner Aufgabe verschaffen. Was er sah, verschlug ihm den Atem: Hunderte von Ausländern standen dort seit den frühen Morgenstunden in größter Hitze hinter Absperrgittern Schlange. Auch am folgenden Tag und in anderen Städten hielt der Ansturm auf die begehrten Papiere an, die der Innenminister „ausnahmsweise und nach humanitären Gesichtspunkten“ gewähren will.

Schon mehrmals hat Sarkozy die Dienste Klarsfelds in Anspruch genommen. Dass er in der heiklen Frage der Legalisierung von „sans papiers“, so genannter papierloser Ausländer, den Sohn der Nazi-Jäger Beate und Serge Klarsfeld mit der Mission eines „Médiateur“ betraute, gilt als eine kluge Entscheidung Sarkozys. Als Student provozierte Klarsfeld den Führer der rechtsextremistischen Nationalen Front, Jean-Marie Le Pen auf einer Parteiveranstaltung als „Nazi“. Als Anwalt, mit Zulassung in Paris und New York, verärgerte er im Prozess gegen den Nazi-Kollaborateur Maurice Papon die Hinterbliebenen der Opfer: Als Vertreter der von seinem Vater gegründeten Vereinigung der Töchter und Söhne von Deportierten hatte er statt lebenslänglich nur zehn Jahre gefordert. Neben der französischen besitzt er auch die israelische Staatsbürgerschaft und absolvierte seine Wehrpflicht als Grenzsoldat in der israelischen Armee.

Bei den Bürgerinitiativen, die jetzt für die von Ausweisung bedrohten Kinder kämpfen, trifft Klarsfeld indes auf Vorbehalte. Die hat Klarsfeld genährt, indem er deren Vergleich möglicher Abschiebung von Kindern mit den Deportationen während des Zweiten Weltkriegs zurückwies. Der Schulbesuch eines Kindes begründe auch nicht automatisch ein Aufenthaltsrecht der Familie. Für ihn gilt: „Ich werde den Grad der Zuneigung zu Frankreich prüfen.“

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