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Meinung: „Ich will mit der Deutschen Börse verhandeln“

Zumindest aus amerikanischer Sicht ist Jean-François Théodore schon seit Jahren ein Star: 2001 zählte ihn „Business Week“ zu den „Stars Europas“. Théodore hat nämlich die ersten Schritte auf dem Weg zu einem einheitlichen europäischen Börsenmarkt getan.

Zumindest aus amerikanischer Sicht ist Jean-François Théodore schon seit Jahren ein Star: 2001 zählte ihn „Business Week“ zu den „Stars Europas“. Théodore hat nämlich die ersten Schritte auf dem Weg zu einem einheitlichen europäischen Börsenmarkt getan. Unter seiner Führung sind die Handelsplätze von Amsterdam, Brüssel und Paris zur paneuropäischen Börse Euronext verschmolzen. Zwar gab es anfangs ein paar technische Probleme, aber insgesamt werten Experten die Fusion als großen Erfolg.

Der 59-jährige Théodore sah Euronext schon damals nur als den Anfang seines Werkes – er verbarg seine Ambitionen nicht, die anderen europäischen Börsen umwerben zu wollen, um besser mit den übermächtigen US-Börsen konkurrieren zu können. 2001 gelang Théodore sein erster Coup: Er schnappte der London Stock Exchange (LSE) die Terminbörse Liffe vor der Nase weg. Und 2002 machten die Portugiesen Euronext mit ihrem Beitritt zum Vierländerbündnis.

Ende 2005 stürzten sich der damalige Chef der Frankfurter Börse, Werner Seifert, und Théodore dann beide auf die LSE. Frankfurt hat auf Druck seiner Aktionäre das Angebot wieder zurückgezogen, Théodore hatte bisher die Fusion nicht ausgeschlossen. Vergangene Woche legte jedoch auch die US-Technologiebörse Nasdaq eine Offerte vor – die LSE-Aktionäre haben bereits Interesse gezeigt.

Théodore hat sich nun für Plan B entschieden, die Fusion mit Frankfurt – ruhig und entschlossen, wie ihn seine Frau charakterisiert. Für die diplomatischen Feinheiten internationaler Verhandlungen ist er als Absolvent der Eliteschule Ecole Nationale d’Administration (ENA) gut geschult. So gut wie jedes Mitglied der französischen Regierung und des Beamtenapparats hat hier studiert. Jede Börse dürfe ihre spezielle Kultur behalten, betont Théodore. Er zeichnete sich bei den Verhandlungen mit den Aktionären der LSE durch Zurückhaltung und Sensibilität aus.

Andererseits ist Théodore, der jahrelang im Finanzministerium gearbeitet hat und neun Jahre lang die Pariser Börse leitete, auch nahe an der französischen Politik – unter dem Einfluss von Präsident Jacques Chirac wird der harte Verhandler versuchen, für den Finanzplatz Paris den besten Deal zu machen. Mit dem Frankfurter Börsenchef Reto Francioni ist er angeblich befreundet – über den künftigen Sitz einer gemeinsamen Börse werden sie sich wohl noch streiten.

Flora Wisdorff

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